Mittelalter Wiki
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Als Armzeug (lat. manuela, manica, franz. brassard, engl. brassard bzw. armlet, ital. braciale, bracciale [1], span. braceral, armadura del braccio) oder Armberge bezeichnet man die Gesamtheit der Rüstungsstücke, die den Arm decken. Dazu gehören u.a. Armschienen für den Unterarm, Ellbogenkacheln und auch die Panzerhandschuhe.

Arten[]

Zum Armzeug am Plattenharnisch rechnet man die Achseln, die Ober- und Unterarmröhren (canons) sowie die sie verbindenden, beweglichen Arm- oder Ellenbogenkacheln bzw. Mäuseln. Die Achseln mit der anschließenden Armröhre nennt man gemeinhin Oberarmzeug, die übrigen beiden Stücke Unterarmzeug.

Entwicklung[]

Das eigentliche Armzeug machte bei den Völkern des Altertums zwar keinen festen Bestandteil ihrer Bewaffnung aus, demungeachtet finden sich sowohl bei ihnen als auch bei den mittel- und nordeuropäischen Völkern der Bronzezeit bereits Armschutze: die Handberge zum Schutz des Handgelenkes und Rüstärmel, die entweder aus einer gebogenen Metallschiene oder aus einer federnden Armspirale bestanden [2] . Noch in der Späten Nordischen Bronzezeit (ca. 730-530 v.Chr.) trugen die Männer oft mächtige Oberarm- und Handringe, und zwar häufig nur einen, an dem rechten, fechtenden Arm. (Siehe auch Handberge u. Armring (Bronzezeit)). [3]

Frühmittelalter[]

Im Frühmittelalter, als die Schienenrüstung neueren Typus noch nicht erfunden war, wurden Panzerhemden oder Brünnen oft mit Ärmeln angefertigt (als Armschutz mit Maschenfausthandschuh), die später aus gesottenem Leder bestanden, welche wiederum später dann durch Eisenarmschienen ersetzt wurden. Es gab einfache, doppelte und vollständige Armschienen, womit die Rüstung des Unter- und Oberarms durch die Ellbogenkacheln verbunden war.

Hochmittelalter[]

Im ausgehenden Hochmittelalter bestanden die Armschienen (Brassards, Brassals) als Teil der Plattenrüstung aus einzelnen Blechstücken, welche im Armgelenk mittels des Ellenbogenstücks beweglich und durch lockere Nieten verbunden waren.

Spätmittelalter[]

Als Teil des Armzeugs von Plattenrüstungen bestanden die Armschienen im Spätmittelalter aus einzelnen Blechstücken, welche im Armgelenk mittels des Ellenbogenstücks beweglich und durch lockere Nieten verbunden waren.

13. Jahrhundert[]

Bereits etliche Jahrzehnte vor der Einführung der Achselscheiben und Spaldeniere wurde das Bestreben merkbar, die äußere oder Streckseite des Armes mit Eisenplatten gegen Hiebe zu schützen. Um 1250 bereits sehen wir Krieger, welche schmale Eisenschienen an die Oberarme geschnallt tragen. Aus einer noch früheren Periode datiert der Gebrauch, die Ellenbögen durch kleine buckelförmig ausgetriebene, eiserne Platten, sogenannte Mäusel zu schützen (Bild).

14. Jahrhundert[]

Erst zu Beginn des 14. Jhs. wurde auch der Unterarm des Kriegers an der Streckseite mit einer Eisenarmschiene geschützt. Diese hatte allerdings noch wenig mit dem späteren Armzeug der Plattenharnische zu tun. Wie dieser insgesamt durch ein organisches Aneinanderfügen von früher getrennten und für sich bestehenden Verstärkungsstücken gebildet wurde, standen ebenso die ersten Armrüstungsteile untereinander in keinem Zusammenhang, sondern wurden, jedes für sich, mittels Riemen an die Arme geschnallt.

Armröhren[]

Die Franzosen nannten eine solche Deckung der Arme avant- oder arriére-bras und trennten diesen Begriff von dem späteren Armzeug (frz. brassard), ein Ausdruck der übrigens erst im 16. Jh. auftritt. Im Verlauf des 14. Jhds. vervollständigte sich allmählich der Schutz der Arme, die Armschienen wurden immer breiter, die unbedeckten Stellen immer schmaler, bis sich um 1350 die Armröhren bilden.

Selbst nach der Vervollständigung der Armrüstung blieben die einzelnen Teile des Armzeugs untereinander ohne Verbindung, ja nicht selten wurden die Achseln über dem Panzerhemd getragen, während auch andere innerhalb der Ärmel desselben auf das gesteppte Wams geschnallt wurden.

Mutzeisen[]

Aus dem 14. Jh. ist eine Art Gestänge bekannt, welches von A. Demmin "Mutzeisen" [4] genannt wurde. Es handelt sich hierbei um eine aus Eisenstäben konstruierte Oberarmberge mit Schulterstangen. Noch vorhandene Exemplare solcher Rüstzeuge sind zwar nicht bekannt, doch soll im selben Jahrhundert auch Mutzeisen für Beinschutz bestanden haben.

15. Jahrhundert[]

Geschlossenes Armzeug[]

Die Deckung, welche die Armkacheln (Muscheln) dem Armzeug gewährten, erschien den Plattnern immer noch nicht genügend, daher versahen sie die Öffnung der Armbeuge mit einem Geschübe, welches den beabsichtigten Zweck zwar bis zu einem gewissen Grade erreichte, die Bewegung des Armes jedoch erheblich beeinträchtigte. Solche Konstruktionen hießen "geschlossene Armzeuge", "Armzeug mit geschlossener Armbeuge" bzw. "vollständiges Armzeug". Diese Art Rüstungen waren gleichzeitig mit den gerippten, sog. Maximilianischen bzw. mailändischen Rüstungen im Gebrauch. Sie erschienen vereinzelt schon um 1480 an Stechrüstungen und erhielten sich bis ins 17. Jh. Allerdings fanden sie zu keiner Zeit eine allgemeine Einführung, nur bei gewissen Turnierformen glaubte man sie nicht entbehren zu können (Bild).

Mailänder Harnisch[]

Um 1420 kamen Mailänder Waffenschmiede auf den Gedanken, die Achseln, Armröhren und Ellbogenkacheln mittels Folgenriemen oder Nieten untereinander zu verbinden. Ungeachtet seiner Einfachheit stellte diese Idee eine vollständige Neuerung dar, denn so wurde nicht nur eine vollständige Deckung erzielt, sondern auch das ungemein langwierige und komplizierte „Anlegen" vereinfacht und abgekürzt.

Diese Erfindung und deren Anwendung, die sich auch auf das Beinzeug erstreckte, war es, die im 15. Jh. den Mailänder Harnisch" zu einer besonderen Spezialität machte. Deutsche und burgundische Werkstätten ahmten ihn nach. Dennoch mussten die Armkacheln, wenngleich in Verbindung mit den Armröhren, auch um 1480 noch durch Lederschnüre „aufgebunden" werden, um sie festzustellen. Solche Schnüre waren an den Ellenbogenpunkten des Wamses befestigt; sie wurden durch in den Armkacheln angebrachte Löcher gezogen und dann nach oben gebunden (Bild).

Solche Befestigungsarten erblickt man noch häufig an Nürnberger- und Augsburger Harnischen jener Zeit. Noch in Inventaren von 1580 wird das vollständige, von der Achsel an in seinen Teilen in Verbindung stehende Armzeug durch den Beisatz: „alles aneinander“ bezeichnet.

Korazins[]

Gesondert zu erwähnen sind die Achselstücke und ganzen Armzeuge, welche an italienischen Korazins gebräuchlich waren. In Mailand traten nämlich ab dem 15. Jh. Plattenharnische auf, deren Brust- und Rückenstücke nach außen hin mit Seidenstoff oder Samt überzogen waren. Solch überzogene Bruststücke wurden nicht selten mit Achselstücken und ganzen Armzeugen versehen, welche gleich ausgestattet waren. Sie glichen in der Regel den gewöhnlichen Harnischbestandteilen, unterschieden sich aber durch den Samtüberzug.

Renaissance[]

16. Jahrhundert[]

In den ersten Jahrzehnten des 16. Jhds. erlitt das Armzeug einige, wenn auch unwesentliche Änderungen. Die Mäusel, in Deutschland vorher spitz, wurden nun stumpf und halbkugelförmig, die halben Muscheln verschwanden allmählich, nachdem die sogenannten Armkacheln mit ganzen Muscheln" mehr Festigkeit besaßen und die Oberarmröhren erschienen nun häufig mehrfach geschoben.

Von ungefähr 1550 an findet man das Armzeug an Landsknecht- und selbst an Trabharnischen in sonderbaren Detailformen. Da der Harnisch den Söldnern im Marsch in großer Hitze oft unerträglich wurde, finden sich schon um 1530 Unterarmröhren, die derart durchlöchert sind, dass sie einem großen Gitter gleichen. Später, um 1560, wurden die Armröhren einfach aus vier herablaufenden Blechspangen gebildet, welche mit kleinen Kacheln zusammenhingen; um 1570 bildet man in Italien Arm- und Beinzeuge, an denen die Kachel und Buckel mit den Röhren in Blattdessins durchbrochen gearbeitet sind (Bild).

Turniertatzen[]

Die großen, "Tatzen" genannten Turnierarmbergen mit einem daran sitzendem Fausthandschuh für den Kampf vom Ende des 15. und aus dem Verlauf des 16. Jhs. waren nur für den linken Arm bestimmt (Bild). Man bediente sich ihrer gewöhnlich an Stelle des Turnierbrustschildes. Auch die Form und Größe der Kacheln und Schulterschilde konnten zur Bestimmung der Zeit eines ganzen Armzeuges beitragen, das, gewöhnlich mit Scharnieren versehen, den Arm an allen Teilen schützte.

Verstärkungen[]

Verstärkungen des Armzeuges durch übergelegte Doppelstücke (pièces de renfort) waren meist nur bei Turnieren üblich, doch kamen sie nicht selten auch für den Feldgebrauch in Anwendung. Dazu zählt zunächst die Doppelachsel. Sie war in der Regel nur für die linke, die Hieb-Seite, üblich und deckte meist geschobene Achseln. Für das Freiturnier, wie für dass Feld kam die Doppelachsel häufig mit hohem Brechrand vor (Bild).

Außer der Achsel wurde am Armzeug nur der linke Ellenbogen verstärkt. Diese Verstärkung wurde durch das aufgeschraubte Doppel- oder Stechmäusel (garde-bras) bewirkt. Dieses reichte mit großem Achselflug vom Mäusel bis an die Armbeuge und deckte somit die vordere Armseite. Kleine Armkacheln erhielten zuweilen am Oberrand aufgeschraubte Ansätze, um den Achselflug zu vergrößern und die Armbeugen ausgiebiger zu schützen.

Diese sog. "Großen Stechmäusel, sowie die Stechachseln, die mit der Schulter auch noch die linke Helmseite und einen Teil der Brust deckten, waren allerdings nur beim Welschen Gestech über die Pallia üblich. Zuweilen findet sich an den Großen Stechmäuseln oder den Stechachseln ein eingeschraubter Haken. Viollet-le-duc [5] vermutete, er diente zur Befestigung einer Tartsche. Dabei irrte er allerdings, denn weder im Felde noch beim Plankengestech bediente man sich einer frei getragenen Tartsche, beim Realgestech aber war sie an den Helmbart angeschraubt und diente vermutlich zur Befestigung der Zügelriemen (Bild).

Galerie[]

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. S. Front ad. M. Caes. Ep. IV. 3; - braciale - der Vorderarmschutz
  2. Reallexicon der Deutschen Altertümer (Volltext auf Zeno.Org). E. Götzinger. Leipzig 1885., S. 363-369 (Artikel Harnisch).
  3. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. I, S. 124.
  4. A. Demmin, Kriegswaffen. aaO. S. 601. Fig. 1 bis.
  5. Dictionnaire raisonné de l'architecture française du XIe au XVIe siècle, Vol. 5 (Internet Archive). Eugène-Emmanuel Viollet-le-Duc. Paris : Librairie centrale d'architecture, 1874. S. 463.
  6. nach Charles Alfred Stothard, The Monumental Effigies of Great Britain. London, 1817–1832, Alfred John Kempe.
  7. Von einem Harnisch des Königs Philipp II. von Spanien.
  8. Nach einer Abbildung im Codex: Musterbuch eines Plattners in der gräfl. Thun'schen Fideicommissbibliothek im Schloss zu Tetschen (Děčín , Tschechien)
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