Mittelalter Wiki
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Das Beamtentum im Karolingerreich bestand in vielen seiner Organisationsstrukturen aus dem Beamtentum im Merowingerreich weiter. Es waren dieselben Gruppen von Hofbeamten, nur dass das Majordomat, das Pippin den Jüngeren auf den Königsthron geführt hatte, nicht mehr existierte, die in der Kapelle organisierte Hofgeistlichkeit mehr dominierte und alle Hofbehörden geordneter erscheinen.

Beschreibung[]

Die alte Rivalität der vorhandenen Völkerschaftsorgane mit den von der fränkischen Zentralgewalt neu eingeführten Ämtern wurde in Karolingerzeit fortgesetzt und hauptsächlich zugunsten der letzteren entschieden. Die Einteilung des Reichsgebietes in Grafschaftsgaue wurde von den Karolingern als Grundlage der Provinzialverwaltung angesehen.

Daher mußten jene Institutionen, die nicht in das System des zentral beherrschten Beamtentums paßten, wie z.B. das alte Herzogtum, welches halb Partikulargewalt, halb Partikularbeamtentum war, abgeschafft werden. Karl der Große vollendete in dieser Hinsicht die Politik seiner Vorgänger. Nur bei den Briten und Basken gab es fortan noch Herzoge im merowingischen Sinne, sonst begegnen nur Herzoge als wirkliche Königsbeamte, gewöhnlich mit außerordentlicher Militärgewalt ausgestattet.

Grafenamt[]

Der für die karolingische Provinzialverwaltung charakteristische Beamte ist der Graf. In der Grafschaftsverfassung forderte der karolingische Staat durchgehende Einheitlichkeit, doch nicht in der Organisation des niederen Beamtentums. Und das ist durchaus begreiflich. Einmal konnte das Reich hier individuelle Verschiedenheiten, die auf alten Volksinstitutionen beruhten, ohne Schaden für die Reichsverwaltung bestehen lassen.

Zudem wuchsen damals immer bedeutsamer die privatherrschaftlichen Gebiete empor, und die Beamten dieser übernahmen öffentliche Funktionen, verdrängten die unteren staatlichen Funktionäre und nahmen deren Stelle ein. So erschienen im karolingischen Staat verschiedene untere Beamte nebeneinander, ja dieselben Amtsnamen begegnen bei Leuten in verschiedener amtlicher Stellung. In drei Kategorien kann man die unter den Grafen stehenden Beamten sondern:

  • 1. in Gehilfen und Vertreter des Grafen ohne Beschränkung auf ein Teilgebiet der Grafschaft (Missus des Grafen, Vizegraf);
  • 2. in Vorsteher eines Unterbezirks der Grafschaft (Zentenar, Thunginus, Vikar);
  • 3. in herrschaftliche Beamte verschiedener Art, in Ortsvorsteher oder andere Beamte für spezielle, besonders militärische Befugnisse (Judices, Villici, Tribune, Schultheißen).

So verschieden aber auch das Beamtentum nach unten hin und so groß die Konzession des Staates an die individuellen Organisation der einzelnen Völker war, das Karolingerreich wahrte durchaus die volle Herrschaft über alle. Alle Beamten wurden von oben her beaufsichtigt und waren dem König verantwortlich. Der Staat machte auch nicht Halt vor den Privatherrschaften: die Beamten der kirchlichen und weltlichen Großen unterstanden den Grafen, alles gehörte zu dem einen Organismus, dem universellen Staat, in dessen Mittelpunkt der Monarch selbst stand.

Königsboten[]

Die Verbindung zwischen den Partikularstellen und dem Zentrum aber wurde durch die Königsboten (lat. missi dominici) aufrechterhalten. Dieses Botensystem bildete den Abschluß der karolingischen Verwaltungsorganisation. Der Gesichtspunkt der Zentralisation kam hier zum Ausdruck: das Streben, bei aller Anerkennung der partikularen Verschiedenheit die Einheit des Ganzen zu wahren. Die Einheit im Königtum.

Weil der König nicht überall selber erscheinen kann, wird er durch die Königsboten ersetzt, die als seine persönlichsten Vertreter gelten. So wurde die Grundidee des rein persönlichen unmittelbaren Regiments verwirklicht. Darin lag die Stärke, zugleich aber auch die Schwäche der Institution selbst.

  • Die Stärke: denn so wurde ein ungeheurer Einfluß des Königs ermöglicht, ein starker Einfluss der Zentralstelle auf alle provinzialen Verhältnisse.
  • Die Schwäche: denn die Kraft der Institution hing sehr von der Persönlichkeit des Monarchen ab, die unmittelbare Wirksamkeit der königlichen Gewalt durch die Königsboten erlahmte von dem Moment an, da die Zentralgewalt versagte.

Das Botenwesen hatte keinen Halt in sich selbst, es war abhängig von den Verhältnissen des Königshofes, es hörte daher entweder in der Zeit des Versagens der Zentralmacht auf zu existieren, oder es wurde territorialisiert und damit zweckentfremdet.

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

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