Mittelalter Wiki
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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 21. Juni 2017 als Spotlight vorgestellt.

Bogenschützen gibt es, genau wie die Waffe selbst, seit der Steinzeit. Allerdings treten Bogen und Pfeil als Kriegswaffen bei den germanischen Völkern der Eisenzeit hinter Lanze und Schwert zurück. Die Gewandtheit östlicher Völker im Bogenkampf haben sie niemals erreicht, soweit die Schriftquellen ein Urteil erlauben. Bei Zusammenstößen z. B. mit den Madyaren in karolingischer Zeit liest man viel mehr vom staunendem Schrecken über jene fremden Bogenschützen.

Beschreibung[]

Fast alle alten Völker, Assyrer, Indier, Kreter, Numidier, Skythen, führten den Bogen, auch in den Heeren der Perser und Karthager gab es viele Bogenschützen. Gerade die Skythen, Kreter, Parther und Thracier waren im Altertum berühmt wegen der Führung dieser Waffe. Bei den Griechen, die kunstvoll gearbeitete Hornbogen aus Antilopengehörn besaßen, waren die Schützen allerdings nicht besonders geachtet, sondern man überließ diese Kampfweise gern geworbenen Hilfsvölkern.

Später machte Mohammed den Gebrauch des Bogens zur Religionspflicht, und Türken, Perser, Araber stellten vorzügliche Bogenschützen; auch Hunnen und Mongolen führten den Bogen, genau wie die Kelten. Dagegen benutzten die Germanen ihn fast nur zur Jagd und ungern im Krieg, wo sie lieber das Wurfbeil und den Wurfspieß brauchten. Erst im christlichen Mittelalter kam er hier mehr in Gebrauch. Besonders die englischen Bogner, die Flanderer, Burgunder etc. waren sehr berühmt und zeichneten sich durch den Umgang mit den Bogen aus. [1]

Römische Kaiserzeit[]

In den römischen Heeren waren bediente man sich zwar der Bogenschützen als Fußtruppen und auch berittenen Bogenschützen, allerdings waren diese, genau wie bei den Griechen, nicht sonderlich geachtet, und so wurden sie meist von fremden Hilfstruppen gestellt, wie z.B. den Skythen und Sarmaten. Die Bezeichnungen für die Bogenschützen waren lat. sagittarii und arciarii; von letzterer ist das franz. archers, das ital. arciere und die deutschen Hartschiere (Leibgardisten verschiedener Staaten) abgeleitet.

Völkerwanderungszeit[]

Seit dem 4. Jhd. n. Chr. ist die Verwendung und z. T. verheerende Wirkung des germanischen Bogens im Kampf zahlreich belegt, doch diente der Abschuss von Pfeilen, einzeln oder in Salven, während der Völkerwanderungszeit (375-568) offenbar gewöhnlich nur als Eröffnung des eigentlichen Angriffs.

Frühmittelalter[]

Im beginnenden Frühmittelalter (ca. 568-1050) spricht Gregor von Tours (540-594) von fränkischen Pfeilschützenabteilungen, welche sich im Jahre 388 n. Chr. ausgezeichnet hätten.

9. / 10. Jahrhundert[]

Im 9. und 10. Jhd. treten erstmals in Mitteleuropa Abteilungen von Bogenschützen als taktische Einheit auf, wobei die Herrscher des Frankenreiches und später des Heiligen Römischen Reiches meist Bogenschützen aus fremden Ländern bezogen. Hier zeigen sich die ersten Anfänge des Söldnerwesens. So berichtet Ermoldus Nigellus (In honor. Hludow. pii carm. III 263) um 823 bis 830 von einer sächsischen Bogenschützen Kohorte. [2]

Reginonis schildert in seiner Chronica vom Jahre 889 sehr bezeichnend den Tod mehrerer tausend Menschen durch die schweren kunstvoll gefertigten Hornbögen. [3]

10. / 11. Jahrhundert[]

Im Westfrankenreich erscheinen Bogenschützen seit dem 10. Jhd. als integrierender Heeresbestandteil (wie z.B. die Normannen auf dem Teppich von Bayeux, Szene 51b). Doch war zu dieser Zeit der Bogen der Fußstreiter, ungeachtet seiner Wichtigkeit im Gefecht, doch nur eine Waffe der niederen Klassen. So finden wir die leicht gekleidete Bogenschützen im Teppich von Bayeux als ein besonderen Trupp, kleiner dargestellt [5].

Ihr Anführer ist im Harnisch, die Schützen aber sind und mit etwa 1,50 m langen Bogen bewaffnet. Sein Bogen misst also ca. ¾ Manneslänge, die Pfeile zeigen besonders große, breite Spitzen mit Widerhaken. Interessant ist die Form des Köchers. Brünne und Nasalhelm mit Nacken- und Nasenschutz sind die auf dem Teppich von Bayeux am meisten vorkommenden Arten.

Bayeux Tapestry - Here fell dead Leofwine and Gyrth, brothers of King Harold

Bogenschützentrupp (Teppich von Bayeux, Szene 51b)

Auch in den Seekämpfen der Wikinger spielen die Pfeilschützen eine große Rolle. Von den Normannen nach England gebracht, wurde dort der Langbogen zu einer äußerst leistungsfähigen Waffe ausgebildet, und die Langbogenschützen der englischen Heere brachten bis in die Zeit der Feuerwaffen hinein in mehr als einer Schlacht die Entscheidung.

Hochmittelalter[]

11. Jahrhundert[]

Bogenschützen 11

Zu Beginn der Kreuzzüge am Ende des 11. Jhds. lernten die abendländischen die orientalischen Bogenschützen fürchten, die sowohl berittenen als auch in Form von Fußtruppen mit ihrem Pfeilhagel den Pferdestand der europäischen Ritter stark dezimierte.

13. Jahrhundert[]

Im 13. Jh. errichteten die Städte in den Niederlanden (Brabant) und England die ersten regulären Bogenschützengesellschaften, die wegen ihrer außerordentlichen Ausbildung berühmt waren. Hier versuchte man die orientalische Kampfweise nachzuahmen und errichtete schon um 1280 berittene Bogenschützen. Die Gesellschaften wurden zur Verteidigung der Stadtmauern herangezogen und so waren auf den Mauertürmen üblicherweise die Bogenmacher (arcutores) und Pfeilschützen (sagittarii) angesiedelt.

In England war die Waffe ganz besonders verbreitet und beliebt und Sachsen und Normannen wetteiferten in geschickter Handhabung des Bogens. Hier trat der Adel an die Spitze der Bogenschützen, die wesentlich zu den Erfolgen über die Franzosen beitrugen. [6] Ein englischer oder schottischer Bogenschütze war verachtet, wenn er nicht in der Minute 10-12 Pfeile abschießen konnte und dabei sein mehrere Hundert Schritte entferntes Ziel auch nur einmal verfehlt hätte.

Dagegen wurde die Waffe in Frankreich von den Lehensherren missachtet und unterdrückt, wogegen im 13. Jh. der Bogen in Deutschland und selbst in Italien allgemein in den Heeren eingeführt wurde.

Spätmittelalter[]

14. Jahrhundert[]

Von 1311 ab bildeten Bogenmacher und Pfeilschützen auch in Nürnberg eigene Handwerksvereinigungen. Erst 1356, nach der Schlacht bei Poitiers, entschloss man sich in Frankreich eigene Bogenschützenkompanien aufzustellen, und obwohl sich schon um 1300 berittene Bogenschützen freiwillig ins Heer stellten.

15. Jahrhundert[]

Gleich dem Schleuderer und dem Armbrustschützen war auch der Bogenschütze überall leichter als alle übrigen Truppen ausgerüstet. Im 15. Jh. trug der Bogner zu Fuss die Brigantine, den Korazin oder ein leichtes Panzerhemd. Die Ausrüstung für die Handhabung war sehr einfach und bestand in England in einer eisernen Armschiene, welche zum Schutz vor der schnellenden Sehne am linken Unterarm mittels Schnüren befestigt wurde. An der linken Hand trugen sie in einen starken Lederhandschuh, über dessen Zeigefingerknöchel weg der Pfeil streifte.

Im ausgehenden Spätmittelalter des 15. Jhs. erlangten dann auch die Bogenschützen in Frankreich große Bedeutung und ab 1450 wurden ständige Bogenschützen zu Pferd in Frankreich üblich. Die unter König Karl V. (1364-1380) gebildeten Heerhaufen nutzten noch viel kürzere Bogen als später jene von Karl VII. (1422-1461) organisierten „Francs-Archers” (eine Art stehende Truppe), bei welchen die Bögen dann ebenso manneslang wie die Englischen Langbogen waren. Diese französische Bogenschützenlandwehr (milice de francs-archers) war zudem von allen Steuern befreit.

Die Abbildung eines schottischen Langbogenschützen vom Ende des 15. Jhs. zeigt diesen mit einer hochgekegelten Kesselhaube ohne Visier und einer kurzärmlichen Panzerjacke. Unterarme und Beine sind ohne Schutz und die Füße mit ledernen Halbstiefeln versehen. Englische Langbogenschützen führten als einzige sonstige Waffe einen dicken Holzhammer (Kriegsschlägel), der wahrscheinlich von Innen zur stärkeren Wuchtigkeit Bleiguss enthielt [7].

In Russland zeigen die Bogenschützen im ausgehenden Spätmittelalter noch die mongolische Bewaffnungsart in Form eines gegitterten Panzers mit Oberarmschutz, welcher eine Vielzahl viereckiger Plättchen und kleiner Nagelköpfe zeigt. Die Bewaffnung besteht aus einem Seymetar (Säbel) und einem kurzen Reflexbogen mit Pfeilköcher. Der konische Spitzhelm (Kolpak) ist mit Nackenschutz, Sturmbändern und Nasenberge versehen.

Renaissance[]

16. Jahrhundert[]

In England erhielten sich die Bogenschützen am längsten; sie standen noch unter Elisabeths Regierung im 16. Jh. in vollem Ansehen und noch 1627 kamen sie als regelmässige Truppen in den Armeen vor. Unter ihrer Regierung (1569-1603) erreichte die Organisation der Bogenschützentruppen, die sämtlich mit Brigantinen und Helmen versehen waren, ihre größte Höhe. Auf dem Festland waren sie seit Anfang des 16. Jh. verschwunden.

Eine Abbildung eines englischen Bogenschützen (Bild) vom Anfang des 16. Jhs. zeigt diesen mit Panzerjacke (Brigantine), Degen und Morianhelm. Die Form der Schnabelschuhe weist noch auf das Ende des 15. Jhs. hin. Der Englische Langbogen hat Klafter- bzw. Manneslänge.

Die letzten Ordonnanzkompagnien von Bogenschützen zu Fuß und zu Pferde bestanden in Frankreich unter Ludwig XII. im Jahre 1514. Man begegnet auch in Frankreich dem Wort „Bayonnais” für Bogenschützen, weil die Stadt Bayonne (Aquitanien) eine berühmte Manufaktur für solche Waffen besaß.

Entwicklung der Handfeuerwaffen[]

Bei ihrer staunenswerten Geschicklichkeit blickten die Bogenschützen mit Verachtung auf die Büchsenschützen mit ihren schwerfälligen Feuerrohren, die bei Regenwetter oft ganz unbrauchbar wurden und auch sonst an Treffsicherheit noch vieles zu wünschen übrig ließen. Nur drei Schüsse vermochte ein Armbrustschütze in der Minute zu leisten, während ein gewandter Bogenschütze zehn bis zwölf Pfeile absandte.

Orientalische Einflüsse in Europa[]

Im 15. und 16. Jh. übernahmen jene christlichen Nationen, die im Orient ihre Wohnsitze aufgeschlagen hatten und so mit den dortigen Völkern häufiger in Berührung kamen, die orientalische Streitweise; so führten im 15. Jh. die Johanniter auf Rhodus, die christlichen Griechen, die slawischen Völker an der albanesischen und dalmatinischen Küste ebenso die Venetianer Bögen und Pfeile, die den arabischen Typen nachgebildet waren.

Dort legte man einen großen Wert auf die Leistung der Bogenschützen im Gefecht und vermehrte diese Truppen stetig. Über die Ausrüstung der venetianischen Bogenschützen um die Wende des 15. Jhs. belehren uns die Gemälde des Giovanni Bellini (um 1437-1516) und des Vittore Carpaccio (um 1465-1526) in der Academia zu Venedig.

Hilfsmittel und Ausrüstung[]

Neben der Armschiene (auch Spannarmband, engl. brace), die den Arm vor der zurückschnellenden Bogensehne schützten, bedienten sich die Bogenschützen diverser Hilfsmittel für die Handhabung des Bogens, darunter ca. 9 cm lange Spannhaken oder Fingerhalter (fr. doigtier oder crochet pour tendre), die zum Spannen der Bogen dienten. Außerdem sind Pfeillenker, Daumenringe oder Daumleder bekannt.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 3 (auf Zeno.Org). Leipzig 1905, S. 138-140.
  2. Carmen elegiacum in honorem Hludovici christianissimi Caesaris Augusti (Elegisches Gedicht zu Ehren des allerchristlichsten Kaisers Ludwig). Ermoldus Nigellus. 823-830. im Repertorium „Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters“ (BSB)
  3. Chronica (Weltchronik). Regino Prumiensis abbas (Regino von Prüm), 900-908. im Repertorium „Geschichtsquellen des deutschen Mittelalters“ (BSB).
  4. Stuttgarter Psalter (Cod. Bibl. Fol.23, Seite 045, Blatt 21r). Nach Trachten des christlichen Mittelalters : nach gleichzeitigen Kunstdenkmalen; Band 1 (Digitalisat der BSB). Jakob Heinrich von Hefner-Alteneck, Jacopo Morelli. Frankfurt a. M. : Keller, 1854. S. 95, Taf. 24b
  5. Anmerkung: Nach der Methode der Ikonographie wird. das minder Bedeutsame nur angedeutet bzw. kleiner dargestellt
  6. Götzinger, E.: Reallexicon der Deutschen Altertümer (Zeno.org). Leipzig 1885., S. 80-81.
  7. Demmin, Kriegswaffen. aaO. S. 809 (Streithammer)
  8. Gemälde von Vittore Carpaccio "Ursulazyklus: 8. Martyrium der Pilger und Begräbnis der Hl. Ursula" (1493). Galerie der Accademia (Venedig), Saal VIII, 27.
  9. 9,0 9,1 9,2 Germanisches Nationalmuseum (GNM), Nürnberg.
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