Mittelalter Wiki
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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 24. Juli 2013 als Spotlight vorgestellt.

Stühle im heutigen Sinne hatten die Germanen ursprünglich nicht, so wie sie auch erst spät zum festen Mobiliar in der Wohnstube des Mittelalters zählten.

Beschreibung[]

Etymologie[]

Der gemeingermanische Name "Stuhl" bedeutet eigentlich Gestell (vgl. anord. borðstóll = 'Gestell der Tischplatte'), ebenso ein Gestell mit einer Platte, aber ohne Lehne (vgl. anord. stóll = 'Tisch zum Aufsetzen von Speise- und Trinkgerät', engl. stool = 'Stuhl ohne Lehne'). Gemeingermanisch ist auch die Bedeutung 'Hochsitz, Thron'.

Entwicklung[]

Die Form der Stühle war vielen Veränderungen unterworfen.

Frühmittelalter[]

Die Stühle und Thronsessel der merowingischen und karolingischen Könige waren meistens einfache Sitze, den kurulischen Stühlen der Römer nachgebildet, wie der noch erhaltene sogenannte Stuhl des Königs Dagobert (Dagobert-Thron, 800-850) zeigt, der ursprünglich zum Zusammenlegen (sella plicatilis) eingerichtet war. Dieser befand sich ursprünglich in St. Denis und wird heute in der französischen Nationalbibliothek in Paris aufbewahrt.

Hochmittelalter[]

Später waren die Stühle der Kaiser und anderer Fürsten bankartige Sitze, mit runden Polstern belegt, zum Teil mit Löwen- oder Hundeköpfen verziert, alle ohne Rückenlehne, wie die Kaisersiegel des 11. Jhds. bekunden.

Um 1100 bis 1120 zeigt der Mönch Theophilus Presbyter im 22. Kapitel seiner Abhandlung über verschiedene Künste („Schedula diversarum artium“), wie die Flächen der Hausgeräte nicht allein mit Farben, sondern auch mit Schnitzwerken, Tieren, Laubwerk und Ornamenten aller Art, zuweilen sogar auf Goldgrund verziert wurden. Erst bei König Konrad III. (1127-1152) kommt dann eine Rückenlehne vor. Von Friedrich dem Rotbart (1152-1190) an werden die Rücklehnen immer höher und die architektonischen Formen treten mehr hervor.

Spätmittelalter[]

Im 13. und 14. Jh. zeigt sich eine reichverzierte Gothik, und im 15. Jhd. erscheinen reiche Baldachine über den Sitzen, welche demnächst in ein förmliches Gehäuse übergehen. Diese Stühle waren häufig vergoldet, mit Krystall oder Glasplatten verziert, mit reichen Kissen belegt und die Rücklehne mit kostbar gestickten oder gewirkten Rückenlaken überdeckt. Auch Verzierungen durch Malerei und Skulptur wurden nicht selten angewendet. Die bischöflichen Sitze waren den fürstlichen im Allgemeinen ähnlich. Die Sitze der übrigen Klassen bestanden meistens aus massiven Gestellen, Bänken, Schemeln ohne Rücken- und Armlehnen, welche mehr als Vorrecht der Fürsten angesehen wurden. Erst im Laufe des 14. und 15. Jhds. trat ein größercr Luxus bei den Hausgeräten in den Burgen und Städten ein.

Renaissance[]

Arten[]

Dreifuß[]

Ein niedriger Stuhl einfachster Art war der altnordische knakkr, eigentlich ein Baumstumpf mit drei als Füße dienenden zugestutzten Zweigen; dem entspricht die ahd. stelza ('tripedia').

Faltstuhl[]

Klapphocker Daensen Rekonstruktion

Rekonstruktion des Klapphockers von Daensen (Nordische Bronzezeit, ca. 1400 v.Chr.)

Faltstühle bzw. Klapphocker sind Sitzmöbel mit oder ohne Lehne, dessen Fußgestell zusammengeklappt werden kann. Sie waren bereits bei Griechen und Römern im Gebrauch. Ein sägebockartiges Gestell eines Stuhls mit einem Sitz aus Leder wurde in einem dänischen Grab aus der Bronzezeit gefunden. Die Bauart weist auf den römischen Faltstuhl hin, der allerdings erst viel später in allgemeinen Gebrauch kam (ags. fealdestól, fieldstól, ahd. valtistuol). Im Hochmittelalter standen Faltstühle als Amts- beziehungsweise Herrschaftszeichen auch für Bischöfe und weltliche Herrscher in Verwendung... Weiterlesen.

Kistenstuhl[]

Kubbestol 272281

Kubbestol (zwischen 1000 und 1200)

Erhaltene altnordische Möbel des 12. und 13. Jhds. zeigen einen kastenartigen Unterteil, Tierornamente an der Rückenlehne bei fehlenden Armstützen. Solche Stühle und Bänke (alt. dän. kistebank, neunorweg. kistestol) fanden sich sowohl in der Wohnstube wie in der Kirche und dienten zur Aufbewahrung von Kissen, Teppichen und allerlei kleinerem Gerät; daher der altnordische Name reiðu-, reiðistóll. Eine Saga erwähnt einen mit losen Drachenköpfen geschmückten Stuhl dieser Art.

Kubbestol[]

Vom nordischen "Kubbestol", dem aus einem Baumstamm gemachten Lehnstuhl, ist ein mit der Ornamentik der Wikingerzeit verziertes Exemplar erhalten.

Lehnstuhl[]

Lehnstühle aus Holz, später auch Metall und anderen Stoffen waren schon im Altertum in Gebrauch. Der Sitz war in den ältesten Zeiten mit Tierfellen, später mit dicken Stoffen überspannt. Lehnstühle ohne Armstützen werden in den altnordischen Sagas bisweilen erwähnt. Als Hochsitz, Thronstühle oder Herrensitze (Hoysede) waren sie Adligen, hohen Würdenträgern oder als Ehrensitz für das Familienhaupt bestimmt.

Schemel[]

Einfache Schemel bzw. Hocker ohne Lehne, mit drei oder vier Beinen, waren bereits in der Antike bekannt und im Mittelalter neben der Sitzbank das verbreitetste Sitzmöbel. Am Ende des 11. Jh. findet man Schemel mit Rückenlehnen im täglichen Gebrauch, doch immer nur noch bei vornehmen Personen. [1]

Stuhlkissen u. -Teppiche[]

Stuhlkissen und Stuhlteppiche sind besonders aus Deutschland bekannt (ahd. stuollachan, phuli, polstri). [2]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. MgKvL, Band 19. Leipzig 1909, S. 144-145.
  2. Die textile Innendekoration des frühmittelalterlichen deutschen Hauses... Gustav Stephani. 1898. S. 31.
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