Mittelalter Wiki
Advertisement
Mittelalter Wiki

Reliquiare sind Gefäße oder Kisten zur Aufbewahrung von Reliquien. Es gibt sie in im Christentum im Rahmen der Reliquienverehrung in großer Zahl aus fast jedem nur möglichen, meist kostbarem Material und in den vielfältigsten Gestaltungen und Größen.

Beschreibungen[]

Reliquiare spielten eine bedeutende Rolle in der christlichen Kunst und Kultur. Die mittelalterlichen Gläubigen beteten vor Reliquien, die sie als heilig und als Überreste von Heiligen betrachteten. Diese Reliquiare wurden in Form von Schreinen, Kästchen, Reliquienbüsten und anderen Objekten gestaltet, die oft in Kirchen aufgestellt wurden. Die Kunst der Reliquiargestaltung war eine sehr spezialisierte Kunstform und beinhaltete oft sehr detaillierte, filigrane und prächtige Arbeiten.

Materialien[]

Reliquiare wurden häufig aus kostbaren Edelmetallen wie Bronze, Silber und Gold gefertigt, und z.B. mit Email und Edelsteinen verziert und mit jeder Art von Schmuck und Bearbeitung. Sie wurden gegossen, getrieben, ziseliert, als Relief gefertigt oder besaßen eine glatte Oberfläche. Sie waren einfarbig oder aber farbig bemalt, aus Holz, Knochen oder Elfenbein geschnitzt, oder auch aus Ton modelliert und gebrannt.

Im Mittelalter war es auch allgemein Brauch, kirchliche Geräte, wie z.B. Reliquienbehälter aus Bergkristall anzufertigen und Kreuze, Christusbilder, Evangelienbuchdeckel u.s.w. mit ovalen und runden Kristallen zu besetzen, weil man den Bergkristall als Sinnbild der Reinheit und der christlichen Religion betrachtete. Das beweist eine große Anzahl derartiger Überreste aus karolingischer Zeit bis in das 14. Jh. [1]

Arten und Formen[]

Viele Reliquienbehälter sind als Kästchens oder Kiste modelliert, als Sarg mit dachförmigem Deckel, als Tasche oder Büchse. Zudem gibt es Reliquiare in Form von ganzen oder halben Figuren, als Büste oder nur als einzelner Körperteil (je nach der Reliquie, die sie enthalten); für Kreuzpartikel, gibt es sie auch als Kreuz. Öfters wurden auch ältere kostbare Gefäße zu diesem Zweck benutzt.

Phylakterium[]

Eine Art von Reliquienbehälter bildet das sog. Phylakterium, Pacificale oder auch Osculare. Diese wurden beim katholischen Gottesdienst als Kussgerät (instrumentum pacis) z.B. in Form eines Kreuzes (Kusskreuz), Medaillons oder einer flachen Tafel (Kusstafel) zur Überbringung des Friedenskusses vom Altar an Geistliche und besonders Laien dargereicht. Der Name kommt von den Worten lat. pax tecum ('Friede sei mit dir'). [2]

Der Quedlinburger Domschatz besitzt z.B. zwei Phylakterien aus Bergkristall mit phantastischen Tiergestalten. Auch in Rheims befindet sich ein ähnliches Pacificale. Ein Reliquienkristallkreuz mit Christus aus Metall befindet sich in der Kunstsammlung des Fürsten Hohenzollern in Sigmaringen [3] und ein anderes ohne Christus in dem Bayerischen Nationalmuseum zu München.

Beispiele[]

Reliquiare liegen in einem schier unerschöpflichen Schatz an Gestaltungen und Technik wie an Kostbarkeiten vor.

Völkerwanderungszeit[]

Aus der Völkerwanderungszeit (375-568) stammen einige kostbare Reliquiare insbesondere aus dem 4. und 5. Jahrhundert. Dieses waren oft kleine Gefäße, die als Schreine für Reliquien verwendet wurden, die als heilig verehrt wurden. Zu den wertvollsten Reliquiarien zählen u.a.:

Frühmittelalter[]

Reliquienkästchen in Form einer bursa bzw. Pilger- oder Umhängetasche waren in der Karolingerzeit sehr beliebt und dienten wohl meist als Behältnisse für die mit dem Blut eines heiligen Märtyrers getränkte Erde. Nach dem 9. Jhd. wird die Taschenform viel seltener, obwohl sie im 12. Jhd. mehrfach auftaucht (Servatiuskirche in Maastricht, Kunstgewerbe-Museum in Köln) und vereinzelt sogar noch im 14. Jhd. vorkommt (Kestner-Museum in Hannover). [5] Zu den wertvollsten Reliquiarien aus dem Frühmittelalter (ca. 568-950) zählen u.a.:

7. Jahrhundert[]

Ein bekanntes Beispiel ist das sogenannte "Vaticanus Graecus 1677", ein byzantinisches Reliquiar, das heute im Vatikan aufbewahrt wird. Es enthält mehrere heilige Reliquien, darunter die Knochen des heiligen Petrus. Es wird angenommen, dass es im 7. Jhd. hergestellt wurde und ist ein bedeutendes Zeugnis für die Reliquienverehrung in der frühbyzantinischen Kirche.

8. Jahrhundert[]

  • die „Engerer Burse“, ein karolingisches Bursenreliquiar aus dem Stift St. Dionysius zu Enger bei Herford (8. Jhd.) im Kunstgewerbemuseum Berlin [7]

9. Jahrhundert[]


10. Jahrhundert[]

Ein bekanntes Beispiel für ein Reliquiar aus dem 11. Jhd. ist das Goldene Hausreliquiar aus der Klosterkirche St. Foy in Conques, Frankreich. Dieses Reliquiar beherbergte die Reliquien der Heiligen Foy und zählt zu den bedeutendsten Kunstwerken des Mittelalters.

Hochmittelalter[]

Im Hochmittelalter (ca. 1000-1250) , insbesondere im 11. und 12. Jhd., erlebte die Reliquienkultur in Europa einen Aufschwung. Die Verehrung von Reliquien, also Überresten heiliger Personen oder Gegenständen, die mit ihnen in Verbindung gebracht wurden, wurde zu einem wichtigen Bestandteil des Christentums. Reliquiare wurden als besondere Schreine für diese heiligen Überreste gefertigt und oft in Kirchen aufgestellt oder von Pilgern mitgenommen. Diese waren oft aus Gold und Edelsteinen gefertigt und mit Intarsien, Verzierungen oder gemalten Szenen verziert.

11. Jahrhundert[]

12. Jahrhundert[]

13. Jahrhundert[]

Spätmittelalter[]

Vom Anfang des 14. bis zum Ende des 16. Jhds. gab es in allen christlichen Ländern die sehr verbreitete Sitte, dass man für Kirchen und Hauskapellen Reliquienbehälter anfertigte, die aus Metall oder Holz bestanden und den Heiligen, dessen Reliquien darin aufbewahrt wurden, als Brustbild darstellten. Die meisten bekannten Bildnisse dieser Art sind in Lebensgröße oder wenig darunter ausgeführt. Es gab jedoch auch kleinere Exemplare, die für kleine Hauskapellen oder für das Mitnehmen auf Reisen bestimmt waren. [8]

14. Jahrhundert[]

Verwandte Themen[]

Navigation Goldschmiedekunst
Goldschmiedekunst (Hauptartikel)  •  Email  •  Goldblechkreuz  •  Goldhut  •  Goldschmied  •  Goldschmiedetechnik  •  Grubenschmelz  •  Ornamentik  •  Reliquiar  •  Tauschieren  •  Zangenornament  •  Zellenmosaik  •  Zellenschmelz
Goldschmiedekunst der Völkerwanderungszeit  •  Frühmittelalter  •  Hochmittelalter
Elektrum  •  Gold  •  Kupfer  •  Silber
Goldschmiedekunst der Alamannen  •  Angelsachsen  •  Burgunder  •  Franken (Merowinger)  •  Franken (Karolinger)  •  Goten  •  Irland  •  Langobarden  •  Ottonen
Goldschmiedekunst (Hauptkategorie)  •  Ornamentik  •  Schmuck

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Hefner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke. aaO. Bd. I, S. 30 f., Taf. 53.
  2. Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905–1909. Band 15. S. 292-293 (Pacificāle).
  3. Museum Schloss Sigmaringen (Baden-Württemberg)
  4. Wikipedia: Cámara Santa
  5. Falke und Frauenberger, Deutsche Schmelzarbeiten des Mittelalters und andere Kunstwerke der kunst-historischen Ausstellung zu Düsseldorf 1902 (Internet Archive). Frankfurt a. M. : Joseph Baer & Co., 1904. S. 2.
  6. Wikipedia: Abtei Saint-Maurice - Klosterschatz
  7. Reliquiar in Bursenform aus dem Schatz des Stiftes St. Dionysius zu Enger/Herford in der Online-Datenbank der Staatlichen Museen zu Berlin.
  8. Hefner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke. aaO. Bd. IV, S. 10 f., Tafel 232
Advertisement