Mittelalter Wiki
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Die Weissagung bzw. Wahrsagerei (aschw. viþskipli; dazu ags. wíglere = Wahrsager) gehört zur Zauberei und wurde vorallem im Christentum als Hexerei verfolgt. Die Kunst der Weissagung wurzelt im Volksglauben, dass gewisse Dinge oder Erscheinungen dem Menschen warnend oder aufmunternd entgegentreten und so sein eigenes Handeln beeinflussen können.

Beschreibung[]

Um die Zukunft, den Ausgang eines Unternehmens oder ein Ereignis an entferntem Orte zu erfahren, bedienten sich die Menschen verschiedener Mittel. Von den Germanen berichtet Tacitus [1], dass bei ihnen 'Götter- bzw. Vorzeichen und Los' allgemein verbreitet waren. Dazu kam die Deutung der Zukunft durch Träume oder durch Geister (Tote), mit denen sich gewisse Personen, besonders Frauen, in Verbindung setzen konnten. Die letzte Art der Weissagung findet man besonders bei den Nordgermanen.

Bei vielen Völkern war die Sitte verbreitet, aus der Stimme oder dem Flug der Vögel den Ausgang eines Unternehmens und Glück oder Unglück zu deuten, war auch altgermanisch [2]. Daher glossiert ahd. fogalrarta, ags. fugelhwáte - 'auspicium, augurium'. In den nordischen Quellen wird öfter erwähnt, dass Menschen die Stimme der Vögel verstanden hätten. So berichtet die Heimskringla [3], dass als der norwegische Jarl Hákon (um 935-995) opferte und zwei Raben laut schreiend über das Opfer fliegen sah, er es für ein günstiges Zeichen hielt.

Ebenso wurde aus dem Wiehern der Rosse günstiger Ausgang geweissagt. Eine besondere Rolle spielt bei dieser beobachtenden Weissagung der Anegang, die Beobachtung dessen, was bei einem Unternehmen zuerst begegnet oder dem Menschen zustößt. Zu den Vorzeichen gehörten auch die Träume, an deren Erfüllung man fest glaubte und die daher in der Dichtung, besonders in den nordischen Sagas, ein beliebtes Motiv waren, um zukünftige Ereignisse oder hervorragende Taten durch sie anzukündigen.

Angang[]

Rabbit Torres del Paine Peter M Graham 2018-01-04

Der Hase als Omen beim Angang.

Eine besondere Rolle spielte bei der beobachtenden Weissagung der sog. Angang, die Beobachtung dessen, was bei einem Unternehmen zuerst begegnet oder dem Menschen zustößt.

Wenn zu Beginn eines Unternehmens ein Fuchs oder Wolf oder Schaf begegnen, so bedeutet dies Glück, dagegen sagen Hase] Katze und Schwein einen unglücklichen Ausgang an. Einige Tiere, wie das Pferd, die Schwalbe, der Storch, die Biene, galten geradezu als heilig und durften nicht verletzt oder gar getötet werden... → zum Hauptartikel.

Loswurf[]

Divination sticks, Timogan 2009-10-29

Rhabdomantie

Eine besondere Rolle bei der Weissagung beim Opfer spielte das Los oder das Werfen des Opferspans (anord. fella blótspán). Offenbar gab es mehrere Arten des Losens. Eine war die fast in allen Ländern verbreitete Rhabdomantie, eine Variante des Loswurfes mit markierten Stäbchen.

Eine kombinierte Losung kannten die Friesen. Wurde in einem Aufstand jemand erschlagen und der Täter war nicht ausfindig zu machen, so konnte derjenige, der die Buße einstrich, 7 Mann des Totschlags beschuldigen.

Diese mussten zunächst ihre Unschuld beschwören und wurden dann zu einem Heiligtum geführt. Hier wurden zwei Zweige (tenos) auf den Altar oder die Reliquien eines Heiligen gelegt, die mit reiner Wolle umwickelt und davon der eine mit einem Kreuz versehen war. Alsdann hob der Priester oder ein unbescholtener Knabe einen Stab auf. War es der mit dem Kreuz, so war der Eid wahr und die Angeschuldigten waren entlassen. War es aber der andere, so erfolgte eine zweite Losung: jeder der sieben musste sein Zeichen bzw. eine Marke in einen Stab schneiden, mit denen dann in gleicher Weise wie mit den zweien verfahren wurde.

Ein Stab nach dem andern wurde aufgehoben, und dessen Stab zuletzt blieb, musste die Buße zahlen. [4] Wie hier im Rechtsfall, das Los zunächst über Ja oder Nein entscheidet, so scheint es gemäß Cäsars De bello Gallico (I, 53) auch bei Gaius Valerius Procillus der Fall gewesen zu sein, der in germanische Gefangenschaft geraten war und über den das Los dreimal die sofortige Tötung verneint hatte. [5] So lassen sich die Zeugnisse auf einen einheitlichen Gebrauch des Loses nicht zurückführen.

Seelenglauben[]

Vaporous spirit by Ben 2016-07-02

Seelenglauben

Im Seelenglauben verwurzelt war die Vorstellung von der prophetischen Natur der Geister von Verstorbenen. So trat man denn auch durchaus mit den Geistern an den Gräbern der Toten oder wo man sie sonst wähnte, in Verbindung.

In den isländischen Sagas (z.B. der Fornmanna-Sögur oder der Örvar-Odds saga) erscheint diese Handlung als ganga til fréttar, und hieraus erklären sich auch die frühmittelalterlichen Verbote (z.B. von Bischof Burchard von Worms, um 965-1025) gegen solche Totenbeschwörungsformeln... → zum Hauptartikel.

Traumdeutung[]

Zuweilen erschienen Tote im Traum und kündeten dem Schlafenden die Zukunft. Solches berichtet z.B. Saxo Grammaticus (I, 57) von der verstorbenen Gemahlin des Hadingus oder die Heimskringla von Olaf dem Heiligen, der seinem Sohne Magnus erschien. Um zu träumen und dadurch die Zukunft zu erfahren, versenkte man sich daher gemäß der Egils saga (8) in Schlaf, zuweilen an einem bestimmten Orte. So empfahl in der Heimskringla (I, 94) Thorleif dem König Halfdan, der sonst nie träumte, in einem Schweinestall zu schlafen, wo sich auch der zukunftkündende Traum einstellte... → zum Hauptartikel.

Weise Frauen[]

Weiße Frau Lauren Treece 2010-02-27

Weise Frauen

Wie die weissagenden Frauen des Nordens, die vǫlur oder spákonur, hatten auch bei den Südgermanen die zukunftkündenden Frauen große Bedeutung.

Schon die Cimbern begleiteten solche, im Heer des Ariovist erhoben sie ihre warnende Stimme, die Veleda stand durch ihren prophetischen Blick bei den Brukterern, die Ganna bei den Semnonen, die Gambara bei den Langobarden in hohen Ehren. Welcher Mittel sie sich bei ihrer Prophetie bedienten, verschweigen die Quellen allerdings... → zum Hauptartikel.

Ausübung[]

Während die Weissagung durch die Toten oder durch angeborenen prophetischen Blick vor allem in den Händen der Frau lag (vgl. Weise Frauen), war die Prophetie durch das Los oder das ganga til fréttar beim Opfer Männersache. Wie die Dichtkunst, so war auch die Wahrsagegabe zuweilen erblich, so z.B. in der Familie der Völsungen oder in der von Njál in der Njalssaga. Kündeten die Geister den Frauen die Zukunft, so waren es bei den Männern die Götter, denen das Opfer galt. Thor z. B. dem Thorolf Mostrarskegg in der Eyrbyggja Saga, Helgi dem Magern, oder Odin den Mannen König Vikars in der Gautreks saga.

Winternächte[]

Die Zeit volkstümlicher Weissagung war vor allem die Winternacht, die Zugzeit der Toten, wo man durch die Geister und Seelen der Verstorbenen die Zukunft erfahren konnte (s. Seelenglauben). In diesen Tagen zogen im skandinavischen Norden Völven von Gehöft zu Gehöft und kündeten den Leuten die Zukunft. Ausgerüstet mit einem Zauberstab in der Hand, zuweilen in sonderbarem Aufputz, begleitet von Knaben und Mädchen, setzten die sie sich auf den Zaubersessel, nahmen die Zauberhandlung vor und ließen von ihren Begleiterinnen bestimmte Zauberlieder singen. Dann kündeten sie jedem der Anwesenden die Zukunft oder Ereignisse, die sich in der Ferne zutrugen. Bis in die heutige Zeit ist daher der Volksglaube überliefert, dass ein Mädchen in der Zeit der Zwölfnächte durch Loswurf oder Orakelspiel einen Blick in die Zukunft werfen kann.

Im Christentum[]

Starben viele Bräuche der Weissagung, wie es in der Sache lag, mit Untergang des Heidentums aus, so blühte doch jene auch in christlicher Zeit weiter und erhielt sich zum Teil in neuer Form als Volksglaube durch die Jahrhunderte hindurch, wie z.B. der Angang.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Tacitus, Germania. aaO. Kap. 10.
  2. Tacitus, Germania. aaO. Kap. 10; Prokop, Bell. got. 4, 20; Ind. superst. XIII u. öfters.
  3. Heimskringla. 1303
  4. Lex Frisionum. Tit. XIV
  5. De Bello Gallico (Wikibooks): Liber I - Kapitel V. Gaius Iulius Caesar. Paralleltext Lateinisch–Deutsch auf Gottwein.de. Liber I, Kap. 53
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