Mittelalter Wiki
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Die Ziege war das hauptsächliche Milchtier nicht nur von Nomadenvölkern, sondern auch für seßhafte Stämme als Milchtier meist wichtiger als das Schaf, dessen Haupterzeugnis die Wolle war.

Beschreibung[]

Die Ursprünge der Ziegenzucht lassen sich aus dem Vorhandensein im astrologischen Tierkreiszeichen (als Steinbock) bis in den babylonischen Kulturkreis zurückverfolgen. Gestützt wird diese Annahme durch das Vorkommen wilder Ziegen in den Gebirgen Vorderasiens vom persischen Hochland bis nach Syrien und Kleinasien hinein.

Arten[]

Stammvater heutiger Hausziegen ist die vom östlichen Mittelmeerraum bis Pakistan vorkommende Bezoarziege. Die Domestikation der Ziegen begann 10.000 v. Chr., somit ist auch die Ziege eines der ältesten Haustiere. [1]

  • Bezoarziege - Die Bezoarziege hat ein Verbreitungsgebiet von der Türkei bis nach Afghanistan. Sie sind die Vorfahren (Stammform) der Hausziegen. Im Iran wurden sie bereits 10000 v. Chr. domestiziert. Von dort aus wurden die Hausziegen über den Globus verteilt. Somit stammen alle europäischen Ziegen von asiatischen Vorfahren ab. Bezoarziegen wurden früher nicht nur wegen des Fleisches, der Hörner und des Felles gejagt, sondern auch wegen der sogenannten „Bezoare“. Diese rundlichen Magensteine, die aus festverfilzten Haarballen bestehen, bekommen mit der Zeit eine steinharte und glatte Oberfläche. „Bezoare“ galten besonders im Mittelalter als Wundermedizin. [2]
  • Tadschikische Wollziege - Die Tadschikische Wollziege stammt aus dem mittelasiatischen Tadschikistan. Im Hochland Tadschikistan ist kein Ackerbau möglich. Extrem heiße und trockene Sommer und sehr kalte Winter erlauben lediglich eine extensive Nutztierhaltung. Doch nur wenige Tierarten kommen mit den klimatischen Bedingungen zurecht: neben dem Yak vor allem Ziegen. Die Wolle der Tadschikischen Wollziege gehört zu den feinsten Tierhaaren. Sie hat eine lange feine Unterwolle – die Kaschmirwolle. Sie gehört somit zu den circa 20 verschiedenen Kaschmirziegen. [3]
  • Westafrikanische Zwergziege - Diese Ziegenrasse stammt aus West- und Zentralafrika. Die Vorfahren der Westafrikanischen Zwergziege stammen aus Vorderasien und gelangten wohl über Ägypten nach Westafrika. In ägyptischen Grabkammern um 4000 v. Chr. werden kleine, kurzohrige Tiere mit säbelartigen Hörnern abgebildet. Die „Verzwergung“ ist eine Anpassung an das Klima. Im feuchten und heißen Klima West- und Zentralafrikas haben die kleinen Ziegen eine bessere Thermoregulierung. [4]

Viehwirtschaft[]

Ziegen und Schafe waren zwar bei weitem die wichtigsten Wirtschaftstiere der Nomaden, die Grundlagen ihres Betriebes; auf sie aber kann sich auch neben der Landwirtschaft eine Kleinviehwirtschaft gründen, die nicht den großen Länderraum beansprucht, den die eigentlichen Nomaden oder Wandervölker mit ihren großen Herden und ihren zahlreichen Transporttieren usw. in Anspruch nehmen. Denn die Transporttiere, besonders Pferd und Kamel, weniger der Esel, waren ein sehr kostbarer Besitz, aber Ziegen und Schafe weit einträglicher, auch wenn sie sich selbst unter günstigen Umständen nicht so schnell vermehren, dass das einzelne Tier für den Besitzer nur noch wenig in Betracht kam.

Auch die germanischen Volksstämme schätzten gemäß dem nordischen Mythus schon früh die Ziege als Milchtier. Sie scheint besonders das Milchtier der kleinen Leute in weniger intensiv angebauter Gegenden gewesen zu sein. Die besondere Stellung der Ziege spricht sich auch darin aus, dass in der germanischen Wirtschaft der Ziegenhammel fehlt. Wirtschaftlich erklärt sich das leicht, weil das Zickchen sehr gut schmeckt, das Böckchen also nicht verschnitten, sondern verzehrt wurde. Ebenso tritt das Schaf ganz zurück in der Bezeichnung für Handwerksgeräte, während der Bock im Volksmund vertraut ist als drei- oder vierbeiniges Gerät.

Als Fleischspeise[]

Um 500 n. Chr. schrieb der griechische Arzt Anthimus in seinem Werk "De observatione ciborum" über den Genuss von Ziege als Fleischspeise: „... (Das) Fleisch von jungen Ziegenböcken ist sehr bekömmlich in jeder Zubereitung: gedämpft oder in Brühe gesotten; auch gebraten ist es zuträglich. “ [5] Das Lorscher Arzneibuch (8./9. Jh.) schreibt außerdem in den Curationes der eingeträufelten Ziegengalle Heilwirkungen bei schlechtem Gehör zu. [6]

Als Leder- und Felllieferant[]

Ziegen waren auch als Leder- und Felllieferant geschätzt, denn sie lieferten ein sehr gutes Fell für feinere Leder (Luxusschuhe, Buchbinderarbeiten, Handschuhe u.s.w.). Daraus macht man Maroquin, Saffian und genarbtes Oberleder für Damenschuhe. [7] Die Ziegenfelle kamen meist im getrockneten Zustand in den Handel. Die Qualität der Felle hing wesentlich vom Alter und der Provenienz ab; die von ganz jungen Tieren stammenden Felle, die man als Zickel- oder Saugziegenfelle bezeichnet, besaßen den höchsten Wert und wurden z.B. zu Glacéleder oder Kidleder verarbeitet. [8]

Als Milchlieferant[]

Anthimus bezeugt auch, dass Ziegenmilch in der Medizin eine Rolle spielte, indem er schreibt: „Dysenteriekranken (Ruhr) verabreiche man Milch von Ziegen. Man erhitze die Milch mit runden Steinen, die man im Feuer glühend gemacht hat. Wenn sie kocht, nehme man die Steine heraus und zerrupfe kleine Stücklein von gut gebackenem und gut gesäuertem Weißbrot und tu die Brösel in die Milch.“ [9]

Das Lorscher Arzneibuch empfiehlt in den Curationes die Behandlung mit warmer Molke und Milch von Ziegen in einem Rezept gegen exzessive Kurzsichtigkeit (Schwachsichtigkeit) sowie in Kombination mit Hasenhirn für das Zahnen. Das Gurgeln mit Ziegenmilch, die mit Myrrhe gekocht wurde, hilft gegen geschwollene Mandeln. [10]

Mythologische Bedeutung[]

Wie nun in der griechischen Mythologie die überwiegende Wichtigkeit als Milch- (und Käse-)Tier vielleicht dadurch zum Ausdruck kommt, daß die Griechen das Horn des Überflusses von der Ziege ableiten, dann aber auch Milch und Honig für die ältere halbmythische Zeit in Vorderasien und in Südeuropa so sehr mit der Idee des Überflusses und zugleich mit der des Göttertranks zusammenfällt, so darf man auch für die germanische Welt in Mittel- und Nordeuropa einen ähnlichen Zusammenhang annehmen, wenn die Ziege Heidrun den Seligen in Walhalla den Met spendet statt der älteren gegorenen Milch.

In einer besonderen Funktion tritt der Bock als Zugtier am Wagen des Gottes Thor auf. Wenn man sich den Wagen als einen der alten zweirädrigen, von hinten her zu besteigenden Kriegswagen denkt, so bleibt es allerdings im Dunkel, wie hier gerade Böcke zu diesem eigenartigen Dienst kommen. Möglich wäre es, daß eine Vegetationsgottheit hier eine Rolle spielt, denn das Bocksopfer hatte eine besondere Bedeutung auch im germanischen Leben.

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Ziegen - Arche Warder; Zentrum für alte Haus- und Nutztierrassen e.V. Langwedeler Weg 11, 24646 Warder.
  2. Arche Warder: https://www.arche-warder.de/tiere/bezoarziege/
  3. Arche Warder: https://www.arche-warder.de/tiere/tadschikische-wollziege/
  4. Arche Warder: https://www.arche-warder.de/tiere/westafrikanische-zwergziege/
  5. Lorscher Arzneibuch. aaO. Medicus Anthimus. Epistula Anthimi ad Theodoricum regem (Fol. 72r-74v)
  6. Lorscher Arzneibuch. aaO. Curationes capitulationibus V comprehensae. Buch 2, Fol. 23v, Nr. 11.
  7. Meyers Großes Konversations-Lexikon (auf Zeno.Org). 6. Auflage. Leipzig, 1905-1909. Bd. 12, S. 307-313 (Leder).
  8. Lueger, Otto. Lexikon der gesamten Technik und ihrer Hilfswissenschaften (auf Zeno.Org). Stuttgart, Leipzig 1906. Bd. 6, S. 82-108. (Leder)
  9. Lorscher Arzneibuch. aaO. Medicus Anthimus. Epistula Anthimi ad Theodoricum regem (Fol. 72r-74v)
  10. Lorscher Arzneibuch. aaO. Curationes capitulationibus V comprehensae. Buch 2, Fol. 24r, Nr. 21; Fol. 25r, Nr. 41; Fol. 25v, Nr. 44.
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