Mittelalter Wiki
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Der Untergang der Kelten kommt in den Augen einiger Wissenschaftler der Auslöschung eines vielleicht goldenen Zeitalters gleich. Aber nicht alle Errungenschaften sind gänzlich der Vernichtung anheim gefallen.

Beschreibung[]

Die Mehrheit von den Kelten wurden von den Römern unterworfen und assimiliert, eine nicht geringe Zahl führte jedoch zu Beginn des Mittelalters ein einständiges Leben. Einige Gebiete blieben von den Römern verschont, wie z.B. das weit entfernte Irland und Schottland etwa, Länder, die schwer zu erreichen und zu befestigen waren.

Durch die angelsächsische Eroberung Englands wurden die Briten nach Westen gedrängt, zu Beginn des 6. Jhs. entgültig besiegt und zum Verlassen ihres Landes gezwungen. Ein Teil der Briten ging in den örtlichen keltischen Stämmen von Wales und Cornwall auf, andere siedelten sich auf dem Kontinent in der Bretagne an, der sie auch den Namen gaben. Dort konvertierten sie zum Christentum, behielten aber ihre Sprache.

Römerzeit[]

Es waren die Römer, die den Untergang der Kelten einläuteten. Anders als sie, deren Verständnis von Königtum und Macht nicht oder kaum an Ländergrenzen gebunden war, hatten die Römer eine ganz klare Vorstellung von territorialen Grenzen. Sie zogen aus, fremde Gebiete zu erobern, zu besetzen und die dort lebenden Menschen zu unterwerfen.

Die römischen Soldaten waren dank ihrer Disziplin und Organisation den Einzelkämpfern der Kelten bald überlegen. Ihrer gewaltigen Militärmaschinerie konnten noch so tapfere Gegner schließlich keinen Widerstand mehr entgegensetzen. Auf dem Festland wurden die Gallier förmlich überrollt (bis auf das kleine, allseits bekannte Dorf in Nordgallien ...), unterworfen und von den neuen Machthabern kontrolliert. Cicero schreibt (nach B. Cunliffe):

Ganz Gallien wimmelt von Händlern, ist voller römischer Bürger. Kein Gallier schließt ohne Hilfe eines römischen Bürgers ein Geschäft ab; nicht eine Sesterze wechselt den Besitzer, ohne in die Bücher römischer Bürger eingetragen zu werden.

Zwar erlebte der Handel der Kelten, wie man diesem Zitat entnehmen kann, einen beachtlichen Aufschwung, aber ein so gut durchorganisiertes Staatswesen wie das römische war auf eine straffe Bürokratie angewiesen. Trotzdem begannen die Kelten, sich an die neuen Sitten zu gewöhnen. Flexibel, wie sie seit jeher waren, passten sie sich der neuen Lebensform an und übernahmen, was ihnen genehm erschien.

Mochten die Römer auch Steuern erheben und ihre eigenen Tempel errichten - die Kultur der Kelten respektierten sie und ließen den unterworfenen Stämmen ihre Götter und ihren Glauben. Die Druiden allerdings entmachteten sie, soweit sie es vermochten, denn diese wichtigen Wissensträger waren ihnen zu gefährlich. Einige Generationen lang lebten Kelten und Römer einigermaßen friedlich nebeneinander, ihre Sprachen verschmolzen, sicher knüpften sich auch Familienbande, sie trieben Handel miteinander und befruchteten sich gegenseitig in ihren künstlerischen Stilen (s. Kunst der Kelten.

Ein Beispiel keltischer Toleranz in religiösen Fragen ist die Eidesformel: „Ich schwöre bei dem Gott, auf den meine Sippe schwört!“

Völkerwanderungszeit[]

Doch dann kam wieder Bewegung in die Völker. Die Germanen fielen in das gallisch-römische Reich ein, die Goten und die Vandalen überrannten die Grenzen, und Mitte des 6. Jhs. hatte das weströmische Reich aufgehört zu existieren.

Ein wenig anders verlief die Geschichte in den keltischen Hochburgen im Norden Europas. Nach Britannien kamen die Römer erst verhältnismäßig spät, nach Irland überhaupt nicht. Hier blieb die keltische Kultur von römischen Einflüssen weitgehend unberührt. Erst als sich die Römer aus Britannien zurückzogen und die Angeln und Sachsen über das Land herfielen, gerieten die dort lebenden Kelten in Bedrängnis.

Christianisierung[]

Was aber den Untergang ihrer Kultur beschleunigte, war die Missionstätigkeit der christlichen Mönche. Nicht nur, dass die christliche Kirche ähnlich machtorientiert und straff organisiert war wie das römische Staatswesen, sie raubte den Kelten auch ihren angestammten Glauben, ihre Mythen und ihre Götter. Allerdings musste sie hierbei zunächst erstaunliche Umwege gehen.

Man kann sich lebhaft vorstellen, dass die Kelten, die jeden Neuankömmling gastfreundlich aufnahmen und überaus neugierig ausfragten, sehr davon angetan waren, wenn ein Besucher neue Geschichten zu erzählen wusste. Die Missionare haben sich ebenfalls angepasst und die biblischen Geschichten keltisch untermalt. Das Modell der Dreifaltigkeit, die Botschaft vom Kind des Lichtes, das im Winter geboren wird, von Maria, der Muttergöttin, all das konnte man sehr gut in die bestehenden Glaubensvorstellungen einbauen.

Es war der romanisierte Brite Patrick, der im 5. Jh. die Iren mit Erfolg missionierte, und in Folge seiner Tätigkeit setzte die Kirche Bischöfe ein. Der später als St. Patrick verehrte und wichtigste Heilige der Iren weist deutliche Züge eines der alten Druiden auf. Er wirkte mit Wortmagie und Zauberkraft im Namen des neuen Gottes. Die kirchlichen Verwaltungsvorschriften allerdings schmeckten den individualistischen Kelten weniger als der neue Glaube!... Weiterlesen.

Frühmittelalter[]

Als im 9. Jh. die Normannen und die Wikinger in Irland einfielen, zerstörten sie Klöster und viele der kostbaren Handschriften. Später setzte sich die von Rom koordinierte Kirche mit ihren Normen und Vorschriften in vollem Umfang durch, und mit dem 12. Jh. waren auch die Reste der keltischen Kunst untergegangen.

Mythische Deutung[]

Die Kelten, einst ein Volk, das sich in erstaunlich offener Form organisiert und regiert hat, sind verschwunden, die Druiden als ihre geistigen Führer, die Könige und Vergobreten als weltliche Führer ausgelöscht. Die Götter sind zu Hexen oder Dämonen disqualifiziert oder zu christlichen Heiligen umfunktioniert worden. Die heiligen Haine sind abgeholzt, die heiligen Quellen verlassen, die heiligen Tiere dezimiert, in Käfige gesperrt oder ausgerottet.

Die wenigen keltischen Stämme, die in abgelegenen Gebieten noch Reste der alten Lebensform bewahrten, wurden mit Beginn der Neuzeit vertrieben, die keltischen Sprachen starben fast vollständig aus. Länder wie Irland, das schottische Hochland und die Bretagne verarmten, die Menschen wurden von Hungersnöten geplagt.

Die letzte Wanderung der Kelten setzte nach der Entdeckung Amerikas ein. Als armselige Einwanderer, Flüchtlinge vor Hunger und Vertreibung landeten sie dort. Manche ihrer Nachfahren allerdings haben schließlich die Geschicke der Vereinigten Staaten von Amerika gelenkt. Kennedy z.B. ist ein guter irisch-keltischer Name. Dieser Clan hat sich vor allem in Amerika Bedeutung verschafft.

Der verwundete König[]

Ein Motiv in den keltischen Sagen spiegelt den Untergang der Kelten besonders wieder: "Der verwundete König". Sehen wir uns drei Parallelen zum Thema „Untergang der Herrschaft“ an.

Nuada, der Anführer der Tuatha De Danann, kämpft um die neue Heimat und verliert dabei einen Arm. Sein Schmied fertigt ihm zwar eine kunstvolle silberne Prothese, doch der König ist nicht mehr in der Lage, sein Land zu regieren. Für sieben Jahre übernimmt Bres die Macht, und unter seiner ungeschickten Führung verarmt das Land, die Menschen hungern und müssen Frondienst leisten. Die Barden und Künstler werden von seinem Hof vertrieben, und auch seine Gastfreundschaft lässt sehr zu wünschen übrig. Erst als er zur Abdankung gezwungen wird, kann der rechtmäßige König Nuada, dessen Arm inzwischen nachgewachsen ist, die Herrschaft wieder übernehmen, und das Land gedeiht.

Amfortas, der an der Lende verwundete Fischerkönig, kann sein Land nicht mehr regieren, er siecht dahin. Das Land um sein Schloss ist zur Wüste geworden, die Pflanzen sind verdorrt, die Quellen ausgetrocknet, die Tiere geflohen. Hunger und Angst beherrschen die Menschen, Hoffnungslosigkeit macht sich breit. Erst als ein Ritter aus Artus‘ Tafelrunde (Parzival, oder in einer anderen Version Galahad) dem König die richtige Frage stellt, heilt die Wunde, und das Land ist vom Fluch befreit.

König Artus wird in der Schlacht von Camlann (537), wo er gegen seinen eigenen Sohn Mordred kämpfen muss, verwundet und kann nicht mehr geheilt werden. Morgan le Fay bringt ihn zur Insel Avalon, wo er genesen wird, um wiederzukehren, wenn das Reich ihn braucht. So lange ruht seine Herrschaft.

In den keltischen Mythen wird die Erkenntnis der Trostlosigkeit und Zerstörung im Bild des verwundeten Königs eingefangen. Ein König, der das Land nicht mehr regieren kann, so dass es zu einer unfruchtbaren Wüste verdorrt. Doch in all die ser Trostlosigkeit gibt es einen Hoffnungsschimmer. Der König kann geheilt, das Land wieder zum Blühen gebracht werden, wenn der Gral gefunden ist. Dies gilt für die ganze menschliche Gesellschaft wie für jeden einzelnen persönlich. Einen Hinweis, wie man den König findet, zeigt sich in der alten Geschichte um Perceval und die gute Erziehung.

Die Ödnis der Seele[]

Die "Geschichte vom öden Land" ist ebenso wie der verwundete König ein altes keltisches Motiv, das sich lange in den Mythen um König Artus erhalten hat. Ein solches Motiv, das um Einsamkeit, Hunger und Verwundung kreist, hat eine tiefe menschliche Wurzel. Es beschreibt das Gefühl von Depression, Sinnlosigkeit und Fremdheit, das die Menschen überkommt, wenn sie den Kontakt zu sich selbst und zu den Wundern der Welt verloren haben. Wer im Netz des Lebens die Fäden nicht mehr wahrnimmt, die alles mit allem anderen verbinden, verbringt seine Zeit buchstäblich im öden Land.

Die Kelten mögen dieses Thema sozusagen prophetisch behandelt haben. Denn ihrem Volk ist genau das widerfahren. Römer, Christentum und die eindringenden Völker haben ihre blühenden Gemeinwesen vernichtet. Das strenge Patriarchat hat jede Partnerschaft zwischen Männern und Frauen zunichte gemacht, und die Macht wurde von nun an durch Gesetze, Vorschriften und mit Waffengewalt ausgeübt. Mittelalterliche Feudalherrschaft und Inquisition engten die Freiheiten der Menschen ein, nicht nur durch materielle Beschränkungen, auch die Freiheit des Geistes wurde unterdrückt.

In der Psychologie konstatiert man immer mehr Parallelen zwischen dem Bedeutungsgehalt der Mythen und den menschlichen Entwicklungsstufen. Es scheint, dass die Weisen der Vergangenheit ein sehr viel tieferes Verständnis für das Leben hatten, als wir heute ahnen können. Doch nicht nur die Wüstenei beschreiben die Mythen, auch die Hoffnung auf Veränderung. Der Gral wird gefunden, der König geheilt, das Land kommt zu neuer Blüte. Das gilt auch für den Menschen.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

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