Mittelalter Wiki
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Als 24-typige Runenreihe der Nordgermanen, meist Älteres Futhark oder auch Gemeingermanische Runenreihe genannt, wird das längere Alphabet der Runeninschriften aus der älteren und mittleren nordischen Eisenzeit vom 3. bis 7. Jhd. bezeichnet.

Übersicht[]

Älteres Futhark 24

Die 24-typige Runenreihe der Nordgermanen (Älteres Futhark)

Zeichen und Lautwerte[]

Nr. Rune Wert Name Nr. Rune Wert Name Nr. Rune Wert Name
1. F Fehu     9. H Hagalaz     17. T Tiwaz
2. U Uruz 10. N Naudiz 18. B Berkano
3. TH Thurisaz 11. I Isa 19. E Ehwaz
4. A Ansuz 12. J Jera 20. M Mannaz
5. R Raido 13. EI (Ë) Eiwaz 21. L Laguz
6. K Kenaz 14. P Perthro 22. NG Ingwaz
7. G Gebo 15. Z (R) Algiz 23. D (dh) Dagaz
8. W Wunjo 16. S Sowilo 24. O Othala

Beschreibung[]

In der älteren und mittleren nordischen Eisenzeit sind nicht bloß die Schriftzeichen, sondern auch die Sprachformen in den nordischen Inschriften im Wesentlichen dieselben. Dass es schwer fällt, größere Unterschiede nachweisen zu können, liegt zumeist darin, dass der Sprachstoff, der zur Verfügung steht, so gering ist.

Trotzdem machen es z.B. das Auftauchen der Runennamen im Gotischen Alphabet in Verbindung mit dem Alter der nordischen, gotischen und germanischen Runendenkmäler wahrscheinlich, dass die germanischen Stämme in den ersten Jahrhunderten nach Christi Geburt ein Runenalphabet hatten, welches mit dem nordischen älteren Futhark übereinstimmte.

Es wäre allerdings überteilt, hieraus den Schluss zu ziehen, die Sprache habe sich während dieser ganzen Zeit in Nordeuropa unverändert gehalten. Dem wird auch durch einige Inschriften aus dem Ende dieser Periode (um ca. 650 n. Chr.) widersprochen, die sowohl in den Runen wie in den Sprachformen einzelne Veränderungen aufweisen, die sich in der Zeit von ca. 650 bis ca. 800 weiter entwickeln. Diese Periode bildet den Übergang zu den Jüngeren nordischen Runen und zum → Jüngeren Futhark.

Runenzeugnisse[]

Durch den Fund verschiedener Runenzeugnisse der Nordgermanen konnte die Beschaffenheit des gemeingermanischen Runenalphabets aufgeklärt werden. Dabei war es ein glücklicher Umstand, dass drei Denkmäler mit den ältesten Runen das alte Runenalphabet als solches enthielten, wobei von diesen drei Alphabeten das eine in Nordeuropa, das zweite in Burgund und das dritte in England gefunden wurde. Daher ergeben sie ein mit den übrigen Denkmälern gleichzeitiges Alphabet von dreien der Hauptstämme der germanischen Sprachgruppe. Diese ältere, 24-typige Runenreihe der Nordgermanen wird hauptsächlich von folgenden Aufzeichnungen überliefert:

1 2 3 4 5 6 7 8 9 10 11 12 13 14 15 16 17 18 19 20 21 22 23 24
Älteres Futhark (Standard)
(Lautwert) f u þ a r k g w h n i j p ï z s t b e m l ŋ d o
Brakteat von Grumpan
Brakteat von Vadstena (ᛒ) 𐰯 (ᛞ)
Runenstein von Kylfver 𐤥 𐰨 𐤡

Ein Vergleich mit den angelsächsischen Runenreihen legt nahe, dass der Kylfverstein wohl die ursprüngliche Endfolge (NG - D - O) zeigt, wogegen der Vadstenabrakteat bei der Folge J - Ë - P die ältere und gewöhnliche Ordnung wiedergibt. Die Vadstena-und Grumpanreihe haben schließlich die Runenreihe durch Punkte in drei Abteilungen von je acht Runen geteilt, entsprechend den aettir (Abteilungen) des jüngeren Futhark. Trennungszeichen finden sich meistens nicht. Wo solche angewendet werden, geschieht dies in der Regel ganz willkürlich. Das Trennungszeichen wird von zwei bis vier Punkten in vertikaler Reihenfolge gebildet.

Bei den Kontinentalgermanen hinterließ die Runenschrift indessen nur wenige Spuren und verschwand frühzeitig. Während das gotische Alphabet Wulfilas bereits im 4. Jhd. bei den Goten eingeführt wurde, finden wir in den ältesten deutschen Sprachüberresten ausschließlich das lateinische Alphabet; da es schon lange vorher die alte Runenschrift verdrängt hatte.

Runennamen[]

Die Runennamen sind durch keine Aufzeichnung aus altnordischer Zeit bekannt. Dass sie der Hauptsache nach mit denen, die wir von den ursprünglichen 24 Runen der Angelsächsischen Runenreihe kennen, übereinstimmen, dürfen wir aus mehreren Umständen schließen. Vor allem aus den Namen der in der jüngeren nordischen Runenreihe übriggebliebenen Zeichen, die in mehreren Quellen bewahrt sind.

Wir können auch wenigstens teilweise auf die altnordischen Runennamen schließen durch einen Vergleich mit den gotischen Buchstabennamen, welche wohl von den Runen auf die Buchstaben des gotischen Alphabets durch Wulfilas Umarbeitung der gotischen Schrift übertragen worden sind, und durch eine solche mit den angelsächsischen Runennamen.

Geschichte der einzelnen Runen[]

Die Geschichte der Runenschrift in urnordischer Zeit zerfällt in zwei Abschnitte, zwischen denen man die Zeit von 600-650 ('Periode I') als Grenze setzen kann. Während des älteren Abschnitts tritt die Runenschrift der Hauptsache nach in derselben Form und mit demselben Lautwert auf, die sie bei ihrem ersten Auftreten auf nordischem Boden hatte. Im späteren, im 7. und 8. Jhd. ('Periode II') erfährt sie eine Reihe tiefgehender Veränderungen.

Das führte zu einer Umbildung der Runen in England: während die Runenreihe hier durch eine Anzahl neuer Zeichen vermehrt wird, wird deren Zahl im Norden von 24 auf 16 eingeschränkt, und dies, obwohl in dieser Zeit das nordische Lautsystem durch eine Reihe tiefgreifender Ausspracheänderungen sich in hohem Maße entwickelte. Auch zeigte sich z.B. die Tendenz, jene Runen, die ursprünglich kürzer als die anderen waren und keinen vertikalen Stab hatten, in dieser Hinsicht den übrigen gleichzumachen.

Vokale[]

  • 13. Die Runen Eiwaz und 19. Ehwaz kamen in der 2. Periode außer Gebrauch und wurden durch die I-Rune ersetzt, welche ebenso wie andere Runen mehrere verschiedene Laute bezeichnete.
  • 24. Die O-Rune-Rune war ab ca. 800 außer Gebrauch.

Halbvokale[]

  • 02. Die U-Rune ersetzte ab ca. 600 n. Chr. die W-Rune als Zeichen für w.
  • 08. Die W-Rune kam außer Gebrauch, obwohl sie wie die e- und o-Rune auf den späteren Runensteinen von Blekinge noch vorkommt.
J-Rune, RdgA Bd4, Abb

Entwicklung der J-Rune

  • 12. Die J-Rune wurde zur Bezeichnung von A (der späteren a-Rune). Daher heißt sie im jüngeren Futhark ār, in der angelsächsischen Runenreihe jer. Sie unterschied sich von der ng-Rune dadurch, dass sie kein geschlossenes Viereck bildete.

Konsonanten[]

Brakteat von Vadstena 6 Jh Stephens

Brakteat von Vadstena

  • Die G-Rune- und D-Runen kommen am Ende des 8. Jhds. außer Gebrauch und werden durch die K-Rune und T-Rune ersetzt, und man begnügte sich mit demselben Zeichen für den stimmhaften wie für den stimmlosen Laut.
  • Die H-Rune wurde in der Form vereinfacht gegen oder kurz nach Schluss von Periode 2, indem sie einen Hauptstab mit einem kurzen horizontalen oder zwei etwas längeren gekreuzten Beistäben erhielt.
  • Die Th-Rune (þ) bezeichnet am Ende von Periode 2 auch den stimmhaften interdentalen Spiranten, was auf dem Zusammenfall in der Aussprache von urnord. þ und ð im Inlaut beruht.
  • Die F-Rune bezeichnete später den ƀ-Laut und ersetzte so in dieser Funktion die B-Rune.
  • Die S-Rune wurde am Ende des 8. Jhds. mit vertikalen Außengliedern zu ᛋ stilisiert, gleich dem gewöhnlichen angelsächsischen Typus.
  • Die Z (R)-Rune ist bereits früh hie und da umgestülpt, aber die normale Form ist in der Periode 1 und noch im Beginn von Periode 2 . Im 8. Jhd. nimmt diese Form vertikal gespiegelt überhand.
  • Die K-Rune entwickelt sich verschieden in verschiedenen Gegenden des Nordens. Die ursprüngliche Form , doch bereits ca. 400 tritt auf, später dann auch in Dänemark (inklusive Schonen) und auch in der ältesten Zeit in England.
  • Die ursprüngliche P-Rune erscheint auf der Kylfverinschrift und wahrscheinlich auf dem Grumpan-Brakteaten und ist bereits auf dem Vadstena-Brakteaten von der B-Rune abgelöst.
  • Die M-Rune wird ca. 800 auf die Weise vereinfacht, dass sie nur einen vertikalen Stab erhält.
  • Der Beistab der N-Rune erhält in späteren Jahrhunderten öfter die Richtung schräg nach rechts abwärts; ca. 800 wird diese Stellung des Beistabs zur Regel.
  • Die Ng-Rune ist bereits in der Periode 1 zuweilen durch die Runen N + G ersetzt worden. Ihr Gebrauch stirbt aus.

Übergang zur 16-typigen Runenreihe[]

Steine von Istaby 600-700 AD Stephens

Runensteine von Istaby

Von 600 bis zur Wikingerzeit (um 800) geht das allgemeine 24-typige Runenalphabet allmählich in das speziell nordische 16-typige über, das Jüngere Futhark. Zeugnisse dafür sind u.a. die Runensteine von Istaby und die Runensteine von Björketorp.

Die zwei 16-typigen Alphabete (das schwedisch-norwegische und das dänische) sind das Ergebnis der Entwicklung der längeren Runenreihe: die jüngeren speziell nordischen Runenreihen. Einer der Gründe dieser Erscheinung war sprachhistorischer Art.

Neue Laute, wie die stimmhaften Explosiven und die Umlautsvokale, entstanden in gewissen Stellungen, und diese neu aufgekommenen Laute konnte man besser mit andern dem Lautwert nach verwandten Zeichen wie t und k wiedergeben, als mit den alten, welche eine Zeitlang noch im Inlaut fortbestanden. Aber gewisse Zeichen, deren Laute sich immer noch in der Sprache unverändert fanden, verschwanden ganz, darunter die e-, o- und w-Runen.

Während die Völkerwanderungszeit durch enge Beziehungen mit der übrigen germanischen Welt und durch diese auch mit anderen Kulturen gekennzeichnet wird, steht Nordeuropa in den letzten Jahrhunderten vor der Wikingerzeit kulturell isoliert. Während sich in England die einheimische Literatur auf die allgemein europäische geistige Kultur stützen konnte, führte die Schriftkunst im Norden ein dahinsiechendes Leben.

Später, als die mittelalterliche Bildung festen Fuß im Norden gefasst hatte, treffen wir dasselbe Bild wie in England Jahrhunderte früher: die Runenreihe wird erweitert, indem die punktierten Runen zu einem umfassenderen Zeichensystem ausgearbeitet werden, das zwar nicht alle Forderungen des gleichzeitigen Lautsystems zufriedenstellte, aber doch an Ausdrucksfähigkeit sowohl die 16-typige Runenreihe wie das mittellateinische Alphabet weit übertrifft.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

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