Gemüse erhält für die germanische Küche erst größere Bedeutung unter dem Einfluß der Klöster und ihrer Küchengärten, die zunächst für Großgrundbesitzer und darüber auch für die Bauernhöfe Vorbild wurden. Doch die Beeinflussung des germanischen Nordens durch römische Gemüsegärten fand bereits früher statt.
Beschreibung
Die hauptsächlichsten Gemüsepflanzen, die auf den Tisch der germanischen Völker kamen, sind:
- Bohne (Faba vulgaris, Vicia Faba) - Gefunden in den bronzezeitlichen Pfahlbauten der Schweiz. Gemeingermanische Frucht. Rüben, Bohnen, Erbsen und Linsenfelder werden durch das salische Recht Anfang des 6. Jhs. geschützt (Lex Salica 27, 6. 7). In christlicher Zeit beliebte Fastenspeise. Als Speise der Franken erwähnt sie Ecbasis (276 ff.).
- Engelwurz (Angelika) - Im Frühmittelalter in Norwegen, wie auch in Island angepflanzt, von den Gesetzen ausdrücklich geschützt. Aus den Stengeln wurde Gemüse bereitet.
- Erbse (Pisum arvense und P. sativum) - Gefunden in den steinzeitlichen Pfahlbauten der Schweiz. Wie die Bohne gemeingermanisch.
- Gemüsekohl (Brassica oleracia) - Kam aus den romanischen Ländern erst durch die Klöster in den Norden. Der griechische Arzt Anthimus (de obs. cib, 50) empfahl um 500 nach Chr. seinen Genuß nur im Winter. Auch das Verfahren, den Kohl einzulegen, um ihn als Sauerkraut für den Winter haltbar zu machen, lernten die Germanen von den Klöstern.
- Kichererbse (Cicer arietinum) - Verbreitet sich erst spät von Italien her und wird laut Gregor von Tours (6. Jh.) als vornehmes Gemüse geschätzt (5, 18).
- Kohlrabi - Wird als ravacaulos im Cap. de vill. (70) Karls des Großen (8./9. Jh.) erwähnt.
- Lauch und Zwiebel (Allium L.) - Verschiedene Alliumarten, besonders die mit flachen, bandartigen Blättern, dienten nicht nur als Gewürz, sondern auch als Gemüsepflanzen, wie landschaftlich noch heute. Wann Lauch in den germanischen Ländern zuerst angebaut wurde, läßt sich nicht genau bestimmen. Es scheint, dass es erst unter dem Einfluß von Italien geschah. Im Capitulare de villis von Karl dem Großen (8./9. Jh.) werden erwähnt:
- Zwiebel (Allium cepa L.) - uniones und ascalonicas cepas, ahd. ascelouch
- Knoblauch (Allium sativum L.) - alia, ahd. klobelouch
- Porree (Allium porrum L.) - porros
- Schnittlauch (Allium Schoenoprasum L.) - britlas, ahd. snitilouh
- Linse (Ervum Lens L.) - Findet sich bereits in den neolithischen Pfahlbauten der Schweiz. Sie wird sie durch das Salische Gesetz (Anfang 6. Jh.) geschützt (s. oben unter Bohne). Nach England und Skandinavien scheint sie erst wesentlich später gedrungen zu sein.
- Malve (malva L.) - Wird um 500 nach Chr. von Anthimus (de obs. cib. 50) unter den Kräutern aufgeführt, deren Genuß zu allen Jahreszeiten zu empfehlen ist. Die Malve befindet sich auch unter den 73 Pflanzen, die in den Gärten der Meierhöfe Karls des Großen (8./9. Jh.) gezogen werden sollen (Cap. de vill. 70).
- Mangold (Beta vulgaris L.) - Wird um 500 nach Chr. bei Anthimus erwähnt (s. u. Malve), wurde in den Gärten der Meierhöfe Karls des Großen (8./9. Jh.) angebaut. In England zu Heilzwecken angewendet.
- Melde (Atriplex hortensis L.) - Ist eine der ältesten Kulturpflanzen und wurde als Gemüse, Salat-, Heil-, Färber- sowie Zierpflanze verwendet. Die jungen Blätter wurden als spinatartiges Gemüse gegessen.
- Möhre, Mohrrübe (Daucus Carota L.) - Einmal im Pfahlbau zu Robenhausen gefunden. Plinius (NH. 8, 26) erwähnt, daß Tiberius sich die im römischen Untergermanien am Rhein gezogenen Möhren ihrer Güte wegen jährlich habe kommen lassen.
- Pastinake (Pastinaca sativa L.) - Findet sich schon in den Pfahlbauten der Schweiz. Die feineren Sorten wurden von den Römern in das germanische Gebiet eingeführt. Die Pastinake wurde auch auf den Meierhöfen Karls des Großen (8./9. Jh.) gezogen (Cap. de vill. 70).
- Rauke, Raukenkohl (Eruca sativa L.) - Im Cap. de vill. von Karl dem Großen (8./9. Jh.) als eruca alba erwähnt.
- Rübe (Brassica rapa L.) und Steckrübe (Brassica napus L.), - Wurden von Anthimus (de obs. cib. 52) um 500 nach Chr. in verschiedener Zubereitung empfohlen. Rübenfelder (napina) werden durch die Lex Salica (Anfang 6. Jh.) geschützt. - Auch in Skandinavien wurden Rüben gern gegessen.
- Rettich (Raphanus sativus L.) - Kam in Germanien zu Plinius Zeit (NH. 18, 26) in bedeutender Größe vor; er wurde auf den Meierhöfen Karls des Großenn (8./9. Jh.) gezogen.
- Sauerampfer (Rumex acetosa L.) - Anord. súra, ags. ompre, ahd. ampfro.
- Spargel - Eine in Germania superior („Obergermanien“) häufig wildwachsende Spargelart erwähnt Plinius in seiner Naturalis Historia (19, 8). Anthimus empfiehlt um 500 nach Chr., die jungen Triebe mit Salz und Öl zu genießen (de obs. cib. 54). Größere Verbreitung fand der Spargel in den germanischen Ländern während des Mittelalters jedoch nicht.
- Zuckertang (Laminaria saccharina L.) - Wurde in Skandinavien, wie auch heute, jung als Gemüse gegessen. Er reizte den Durst an.
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Quellen
- Altnordisches Leben (Internet Archive). Karl Weinhold. 1856. S. 79, 87
- Die Prähistorische Pflanzenreste Mitteleuropas, mit besonderer Berücksichtigung der schweizerischen Funde (Google Books). Ernst Neuweiler. Zürich 1905; Sonderabdruck aus Band 50 von Vierteljahrsschrift der naturforsch. Gesellschaft. Zürich, 1905. S. 86
- Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, 4 Bände (1. Aufl.). Johannes Hoops. K. J. Trübner, Straßburg 1911-1919. Bd. II, S. 150 f.
- Vorgeschichtliche Botanik der Cultur- und Nutzpflanzen der alten Welt (Internet Archive). Georg Buschan. J. U. Kern’s Verlag (Max Müller), Breslau 1895.
- Altdeutsche Gartenflora (Internet Archive); Untersuchungen über die Nutzpflanzen des deutschen Mittelalters, ihre Wanderung und ihre Vorgeschichte im klassischen Altertum (1894). Rudolf von Fischer-Benzon. Kiel und Leipzig, 1894. S. 137ff
- Reallexikon der indogermanischen Altertumskunde (Internet Archive). Otto Schrader. K. J. Trübner Verlag. Straßburg, 1901. S. 264 f. S. 1004.
- Fünf Bücher deutscher Hausaltertümer von den ältesten geschichtlichen Zeiten bis zum 16. Jahrhundert (Internet Archive). (1899). Moriz Heyne. 3 Bände. Leipzig 1899-1903.