Mittelalter Wiki
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Als Harnischbrust bezeichnet man den Teil der Rüstung, der den Oberkörper auf der Vorderseite schützt. Sie ist der zentrale Bestandteil des vollständigen Plattenharnischs und bildet zusammen mit dem Harnischrücken den gesamten Brustharnisch.

Arten[]

  • Bruech - Unterer Teil der geschifteten Brust (15. Jh.)
  • Florentinische Brust - Schlankes Bruststück mit einem Grat in der Mitte (ab 1490)
  • Gansbauch - Bauchform an ritterlichen Harnischen (ab 1550).
  • Krebs - Geschifteter Brustharnisch (15. Jh.)
  • Maximilianharnisch - Kurzes kugelförmiges Bruststück mit Geschübe (ab ca. 1500)
  • Tapul - Spitze Auftreibung an Landsknechtharnischen (um 1530.)

Beschreibung[]

So sich wie der Plattenharnisch allmählich dadurch herauszubilden begann, dass anfänglich einzelne Teile des Körpers durch geschlagenes und aufgenietetes Eisenblech verstärkt wurden, bildete sich ebenso der wichtigste Teil desselben, die Harnischbrust, aus einzelnen Verstärkungsplatten, die über den Lentner geschnallt oder an diesen genietet wurden.

Aber mit dieser durch einfache Nieten bewirkten Verstärkung eines Lederwamses durch größere oder kleinere Platten aus Eisen oder anderem Metall war der Plattenharnisch noch keineswegs erstanden. Bei solchen überkleideten Lentnern waren die Eisenplatten musivisch aneinandergefügt, und jede Streckbewegung öffnete die Zwischenspalten, in welche die Schneiden von Klingenwaffen eindringen konnten. Erst durch die auf- oder abwärts sich schienenartig überlappenden Eisenplatten, durch das sogenannte Geschübe, erwuchs der eigentliche Plattenharnisch und damit dessen wichtigster Bestandteil, die Harnischbrust, die sich dadurch erheblich von der früheren Art der Deckung unterschied.

Geschübeleder und Krebse[]

Die Eisenschiene übernahm nun die Aufgabe, die früher dem mit Eisenplatten benähten Lederkleid zugeteilt war, und die Verbindung der einzelnen Platten untereinander erfolgte im Inneren durch breite Streifen aus Alaunleder, sog. Geschübeleder, die von innen an die Schienen genietet waren und infolge ihrer Elastizität und Geschmeidigkeit eine verhältnismäßig freie Körperbewegung erlaubten. Dieses Geschübesystem charakterisiert eigentlich den Plattenharnisch und es scheint als hätten die Plattner des 15. Jhs. ihr Vorbild dafür in der Natur gefunden. Es ist dasselbe System der Deckung, das man in den Krustazeen (Krebstiere) findet. Dass diese Ähnlichkeit auch den alten Meistern im Bewusstsein lag, beweist, dass man geschobene Bruststücke allgemein "Krebse" benannte.

Entwicklung[]

Eiserne Brustplatten von mäßiger Größe sind u.a. von den Hastati und Triarii der römischen Armee um das Jahr 160 v. Chr. zur Zeit der Römischen Republik bezeugt.

14. Jahrhundert[]

In Italien begann man um 1380 den unteren Brustteil des Lentners durch eine Platte zu verstärken, die von der Brustmitte bis zum Hals reichte. Gegen das Ende des 14. Jhs. wurde der Lentner häufig durch horizontal laufende, auf das Leder genietete 10 bis 12 cm breite Blechschienen verstärkt, die aber nicht nachbarlich übereinander griffen und somit ein „Geschübe" bildeten, sondern Rand an Rand gesetzt erscheinen.

Die Form des Bruststückes, dessen Schnitt und Ausbauchung bildet ein sicheres Merkmal für dessen Alter, in sorgfältigerer Beobachtung selbst für dessen Herstellungsort. So wie die ersten an den Lentner angelegten Verstärkungsstücke sich genau dessen Form anschmiegen mussten, hatten die ersten Plattenbruststücke ebenso die Form der Brust des Lentners.

15. Jahrhundert[]

Um 1430, als man hier und da versuchte, die Harnischbrüste ganz aus Platten zu fertigen, bestanden diese mindestens aus zwei Teilen, die mittels Riemen und Schnallen miteinander in Verbindung standen. Später bildete der untere Teil mit dem oberen ein Geschübe (den sog. Krebs). Doch Harnischbrüste aus einem Stück waren um 1430 selbst in Italien, dem Land der Erfindung und Entwickelung des Plattenharnisches, noch eine große Seltenheit.

Um 1430 wurde die Harnischbrust kugelförmig ausgebaucht, weil man der Kugelform die größte Widerstandskraft beimaß. Die ältesten Brust- und Rückenstücke, etwa um 1450, besitzen zuweilen übermäßig große Armausschnitte, weil es damals Sitte war, statt des (zu dieser Zeit längst bekannten) Armzeuges sich weiter Ärmel zu bedienen, die fest mit Wolle ausgestopft waren. Solche gepolsterte Ärmel wurden in Italien und Frankreich häufig getragen; sie verschwinden erst um 1480.

Bruech[]

Der untere Teil der geschifteten Brust, an den sich die Bauchreifen schlossen, erhielt im 15. Jh. den Namen "Bruech". Als die geschifteten Bruststücke um 1490 wieder verschwanden, wurde der Name auf ein Verstärkungsstück des unteren Brustteiles übertragen.

Florentinische Bruststücke[]

Um 1490 erscheint in Italien und Burgund das Bruststück schlanker gebildet und scharf gegen die Weichen geschnitten, und es zeigte sich schon damals über der Mitte der Brust ein schwacher Grat. Solche Bruststücke, die meist nur in Verbindung mit dem Helmbart und dem Schaller getragen wurden, besaßen eine schöne und elegante Form. Man bezeichnet sie uneigentlich als gotische, und sollte sie eher florentinische Bruststücke nennen, denn ihre Form war der florentinischen Tracht entlehnt. Bis in diese Zeit finden wir die Bruststücke noch überall geschiftet, erst um 1490 verbreiterte sich der untere Schiftteil allmählich nach oben, so dass der obere schließlich ganz wegfiel. Dabei war der Oberrand anfänglich wenig aufgeworfen und leicht konkav, zuweilen sogar etwas spitz ausgeschnitten (Bild).

Maximilianharnische[]

In dieser Form erscheinen die Bruststücke bis etwa 1500, um welche Zeit, auch durch Einflussnahme Maximilians I., sie eine Umbildung erfuhren. Sie wurden nun kurz, kugelförmig, mit horizontal laufendem, zuweilen übertrieben stark aufgeworfenem Oberrand und unterhalb eckig ausgeschnittenen Armausschnitten, die nun ein bewegliches Geschübe erhielten, um den Arm freier gebrauchen zu können. Diese federartig wirkenden Geschübe in den Armausschnitten nannte man bewegliche Einsätze. Fast gleichzeitig mit den glatten Kugelbrüsten traten die von Maximilian I. angegebenen gerippten oder geriffelten Harnischbrüste auf. Man nannte sie "Maximiliansharnische", irrtümlich auch mailändische Harnische (Bild).

16. Jahrhundert[]

Von 1520 an bemächtigte sich auch die Mode der Rüstung und die in Italien dienenden Landsknechte bildeten die Harnischbrüste nach ihrem eigenen Geschmack um, und so übertrieben die Mode erschien, sie war nicht ganz ohne Berechnung entstanden. Zunächst wurde der Brustharnisch durch eine erhöhte Rippe (Gräte) von oben nach unten in der Mitte geteilt, dann nahm er Fassform und runde Form an (Kugelbrust), dann bildete die Ausbauchung (Tapul) einen Höcker nach unten und erhielt den bezeichnenden Namen Gansbauch.

Landsknechtharnische[]

Das Bruststück der "Landsknechtharnische" wurde in der Mitte immer weiter vorgetrieben, so dass sich um 1530 allmählich eine scharfe Spitze bildete. Eine solche spitze Auftreibung hieß "Tapul", von ital. tappo - der 'Zapfen'. Die Landsknechte erachteten diese Form darum für vorteilhaft, weil theoretisch jeder Hieb und jede Kugel von den schräg gerichteten sphärischen Wänden abgleiten sollte. Diese Form erhielt sich bis um das Jahr 1546 (Bild).

Ritterliche Harnische und Gansbäuche[]

In ritterlichen Kreisen wurde die Landsknechtmode der übermütigen Soldateska nicht bis zur Übertreibung mitgemacht. Man findet um 1520 an ritterlichen Harnischen, auch der der Landsknechtführer die Bruststücke ohne ausgesprochenen Tapul, allerdings machte sich um 1530 die Entwicklung bemerkbar, dass sich die Brust stetig verlängerte, so dass sich in der Brustmitte allmählich ein Grat bildete und dass die Brust in leichtem Bogen stärker vorgetrieben wurde.

Der anfänglich horizontal laufende Oberrand wurde im Laufe der Zeit immer mehr konkav ausgeschnitten, da er nun wieder mehr an den Hals hinaufreichte (Bild). So erscheinen noch um 1550 Bruststücke von hervorragender Meisterarbeit. Von 1550 ab rückt diese Auftreibung dann allmählich nach unten, so dass sie um 1570 etwa gerade am unteren Rand anlangte. Man nannte solchen Formen auch "Gansbäuche" (Bild).

Als im 16. Jh. der Reisspieß als Reiterlanze außer Mode kam, wurden von ca. 1580 an dann auch die Harnische in der deutschen und französischen Reiterei nicht mehr mit Rüsthaken zum Einlegen der Lanze ausgestattet. Nur einzelne Ritter und Standesherren trugen, alter Sitte huldigend, noch mit Vorliebe an ihren ritterlichen Harnischen den längst nicht mehr in Gebrauch stehenden Rüsthaken. [1]

17. Jahrhundert[]

Um 1620 verschanden die Gansbäuche wieder. Nun wurde die Harnischbrust lediglich noch mit einem schwachem Grat gebildet und derart kurz, dass sie kaum bis ans Ende des Brustblattes reichte. Der Halsausschnitt war sehr tief, und um 1650 wurde das Bruststück mit dem Harnischrückenstück nicht mehr auf der Schulter verschnallt, sondern von diesem reichten zwei mit Metallschuppen besetzte Bänder nach vorn, die an den Seiten der Brust in Kloben eingehakt wurden.

Galerie[]

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Boeheim, Waffenkunde. aaO. S. 328 f.
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