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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 20. März 2013 als Spotlight vorgestellt.

König Rother ist der Held des ersten mittelhochdeutschen Spielmannsepos. Dieses Gedicht aus dem langobardischen Sagenkreis wurde von einem "fahrenden" Sänger aus den Rheinlanden um 1150 in Bayern in kurzen Reimpaaren abgefaßt. Es gehört der Vorbereitungszeit der höfischen Literatur an und wird zur byzantinisch-palästinischen Dichtung gezählt.

Beschreibung[]

Der Inhalt des Gedichts ist in kurzem folgender:

König Rother thront in Bare (Bari in Apulien, einer der im Mittelalter beliebtesten Überfahrtsstätten ins Heilige Land) und hat beschlossen sich zu vermählen. Deshalb sendet er zwölf Grafen nach Konstantinopel, daß sie für ihn um die Tochter von Kaiser Konstantin werben sollen. Konstantin, erzürnt über den Antrag, wirft die Boten in den Kerker. Da zieht Rother mit Heeresmacht vor Konstantinopel. Eine Schar von Riesen, darunter der ungeheure Asprian und Widolt begleiten ihn.

Unter dem Namen Graf Dietrich begibt er sich zum König, gewinnt seine Neigung sowie auch bald die Liebe seiner Tochter, befreit Konstantinopel von einem feindlichen Heer und entflieht, das Kampfgetümmel nutzend, mit der Königstochter und den Seinen in die Heimat. Einem Spielmann des Kaisers gelingt es indessen, die Königin durch List auf sein Schiff zu locken und wieder in die Heimat zurückzuführen. Daraufhin zieht Rother von neuem mit einem großen Heer nach Konstantinopel, wo eben die Hochzeit der Geliebten mit einem andern gefeiert werden soll. Er schleicht sich in den Festsaal, wird erkannt und soll gehängt werden.

Im Wald aber, wo er den Tod erleiden sollte, waren die Seinen verborgen; die Riesen erschlagen den größten Teil seiner Feinde, und der König willigt endlich in Rothers Vermählung mit seiner Tochter ein. Sie gebar nach der Sage Pippin III., den Vater Karls des Großen. [1] [2]

Brautwerbung[]

Die Brautwerbung König Rothers (bis Vers 2942), steht in der Reihe der spielmännischen Entführungsfabeln. Das besondere Motiv ist der Deckname, der den Helden unerkannt in die Kammer der Jungfrau führt und das Geständnis ihrer Liebe vernehmen läßt. Der heroische Gehalt, den der Rother vor den anderen Brautfahrtepen voraus hat, beruht auf dem mit der Werbung verflochtenen Dienstmannendrama (Berhter und seine Söhne). Dieses wiederum verdankt seine Entfaltung einer freien Nachdichtung des Wolfdietrich (Berhtung und seine Söhne). Erst infolge späterer Erfindung wurde die namenlose Tochter von Kaiser Konstantin zur Ahnmutter Karls des Großen.

Hintergrund[]

Das Material der König Rother-Dichtung scheint spielmännische Neuschöpfung. Manche nehmen an, daß sich darin die alt-langobardische Sage vom Besuch König Autharis (* 540; † 590) am Baiernhof [3] fortsetze, die später auf König Rothari († 650) übertragen wurde. Die Ähnlichkeit ist allerdings nicht ausreichend genug: bei dem Langobarden-König Authari handelt es sich nicht um Brautwerbung, und Rother gibt sich nicht als Boten aus. Auch kann man in dieser Chronistenerzählung keinen Liedstoff sehen. Sie hat weder das Format eines Heldengedichtes noch eines spielmännischen Abenteuers, und auch keine Entlehnung einzelner Mimuszüge, wie bei Chlodwigs Werbung. Eine "Autharisage" kann folglich nicht erwiesen werden, und damit verliert die Umbildung dieser Anekdote zur Rother-Fabel ihren Boden. Die Riesen des Rother sehen mehr nach jungen französischen Vorbildern aus als nach altem langobardischem Sagengut. Demzufolge kann man auch auf die Namensgleichheit Rother / Rothari kein Gewicht legen.

Versionen[]

Nach anderen Versionen bzw. Interpreationen ist Rother der König von Bern (Verona). Für Kaiser Konstantin besiegt er als Graf Dietrich den König Ymelot von Babylon und entführte dessen Braut. Die Geraubte entfloh, wurde aber von Rother mit Gewalt gefordert. Nach einer Schlacht bei Konstantinopel erhielt er sie und zeugte mit ihr Pipin III.. Er starb in einem Kloster. [4]

Vergleich mit der Thidrekssaga[]

Eine zweite Streitfrage ist die, ob die Osanctrix-Werbung der Thidrekssaga (Kap. 29 ff.) eine altertümlichere Sagenform bietet. Wer an den langobardischen Ursprung glaubt, muß dies verneinen; denn die Ähnlichkeit mit König Authari ist gleich Null. Aber auch der Sagabericht in sich selbst zeigt verräterische Symptome von Zertrümmerung eines reicheren Ganzen und Neuflickung in engerem Rahmen. Junges Detail stimmt zum Rother, während zugleich das allgemeine Brautfahrtschema beispiellos überschritten wird. List und Gewalt spielen unsteht durcheinander, die ideale Zeit ist abnorm gehandhabt. Man muß wohl auf eine pathologische Fortsetzung des gewachsenen Epos schließen. Ein niederdeutsches Lied mag eine Mittelstufe gewesen sein. (Die beiden Texte der Saga entspringen derselben deutschen Quelle, der längere soll den kürzeren berichtigen.)

Eine Grundform ohne Einfluß des Wolfdietrich und ohne Kreuzzugskostüm wird somit durch die Thidrekssaga nicht verbürgt. Daß erst der niederdeutsche Umdichter den Wilzenkönig Oserich, Attilas Schwiegervater, als Helden einsetzte, ist wahrscheinlicher als die Vertauschung Oserichs mit einem sonst ganz unbekannten Rother durch das hochdeutsche Epos.

Quellen[]

Volltexte[]

  • König Rother, Mittelhochdeutscher Text und neuhochdeutsche Übersetzung von Peter K. Stein, Herausgegeben von Ingrid Bennewitz unter Mitarbeit von Beatrix Koll und Ruth Weichselbaumer, (= Reclam Universal-Bibliothek; Band 18047), Stuttgart 2000 ISBN 3-15-018047-3

Einzelnachweise[]

  1. Deutsche Gedichte des 12. Jahrhunderts, Bd. 2. Maßmann, Quedl. 1837
  2. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 17. Leipzig 1909, S. 181-182.
  3. Paulus Diaconus: Historia Langobardorum III, 30
  4. Pierer's Universal-Lexikon, Band 14. Altenburg 1862, S. 393.
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