Mittelalter Wiki
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Im Gegensatz zu der Vorstellung vom dunklen Mittelalter kann man sich die Kleiderfarbe zu jener Zeit durchaus recht farbenfroh vorstellen. Braun, Blau, Grün, Gelb, Rot waren alles Farben, mit denen man in bestimmten Tönen recht günstig färben konnte.

Beschreibung

Die Kleiderfarbe spielte im Mittelalter eine bedeutende Rolle. Diese Farben unterlagen einer gewissen Symbolik und kennzeichneten auch ganze Berufsgruppen. Bunte Kleider hielt man für sehr hübsch, und die einzelnen Kleidungsstücke waren daher nicht selten aus mehreren verschiedenen Stoffen zusammengesetzt, deren jeder seine besondere Farbe hatte.

Die natürlichen Farben der zur Bekleidung gebrauchten Stoffe waren in Mitteleuropa für Wolle schwarz, braun, grau und weiß, für Flachs- und Hanf-Stoffe grau. Die Wollstoffe waren nach den Funden ältester Zeit in Norddeutschland schwarz; erst in der Eisenzeit gab es helle Schafhaare. Braun und grau waren Mischungen oder Unterfarben. Was nun die weiße Farbe der Flachs- und Hanf Stoffe betrifft, so fehlte zwar in der althochdeutschen Sprache das Wort für Bleichen, das erst im Mittelhochdeutschen vorkommt, aber das anordische bleikja läßt auf ein höheres Alter dieser Fertigkeit schließen.

Völkerwanderungszeit

In den niederdeutschen Moorfunden des 3. — 4. Jahrhunderts n. Chr. treten farbige Wollstoffe auf, in Torsberg z.B. ein roter hemdartiger Kittel mit Ärmeln und Mäntel mit grünen, gelben und weißen Borten, im Faden gefärbt. Überhaupt ist die Verwendung bunter Stoffe für Mäntel auch später beliebt. Die Vorliebe für bunte Farben, die vielfach auch mit Vergoldung durchsetzt sind, ist bei den Germanen seit der Völkerwanderungszeit zu bemerken und wohl auf die Berührung mit den Römern zurückzuführen.

Frühmittelalter

Ein Mönch des Klosters von St. Gallen erwähnt in der Schilderung der fränkischen Tracht des 9. Jhs. Scharlachbinden für die Beine, bunt gemachte Leinenhosen derselben Farbe und grauen oder blauen Mantel aus Fries. In der Frauentracht dieser Zeit war für den Rock gelb und rot, dann blau und grün, auch weiß und schwarz, nicht selten violett und braun, sowie Mischungen von rot beliebt.

Gedämpfte Farben waren unbeliebt. Die Bauern und niederen Stände trugen graue, graubraune und gelbliche Kleiderfarben. Als nationale Besonderheiten der Langobarden und Angelsachsen erwähnt der Historiker Paulus Diaconus weite Leinengewänder, vermutlich von weißer Farbe, mit breiten bunten Streifen. Von den feinen englischen Tuchmänteln, die der Abt von Wiremuth 764 dem Erzbischof Lullus von Mainz als Geschenk sandte, war der eine weiß, der andere farbig. In den späteren angelsächsischen und fränkischen Miniaturen findet sich aber eine große Mannigfaltigkeit und Fülle der Farben sowohl in der Männer als auch in der Frauentracht.

Wikinger- und Sagazeit

Während der Wikinger- und Sagazeit (800-1200 n. Chr.) im Übergang zwischen Frühmittelalter und Hochmittelalter wurde die Farbe der Kleidung noch vielfältiger, indem die natürlichen Farben mehrere Variationen annahmen und die Anwendung künstlicher Farben ständig gebräuchlicher wurde, ebenso wie man später mehrere neue und stärkere Farben einführte.

Im Gegensatz zu den Kleidern von natürlicher Farbe nannte man auf Island z.B., künstlich gefärbte Kleider "Farbenkleider" (litklæði) oder auch "Prachtkleider" (skrautklæði). Als besonders fein sah man rote Kleider an, die man gute Kleider (gōd klæði) nannte und u.a. als Opferkleider (blōtklæði) verwendete. Bunte Kleider sah man auch für besonders schön an, und die einzelnen Kleidungsstücke waren daher nicht selten aus mehreren verschiedenen Stoffen zusammengesetzt, jedes in seiner Farbe (hālflit klæði). [1]

Hochmittelalter

Im 11. und 12. Jh. des Hochmittelalters wurde Farbsymbolik an Kleidungsstücken verwendet, da es nur wenige Menschen gab, die lesen und schreiben konnten. So wiesen denn die Kleiderfarben auf einen bestimmten Stand oder eine Gruppe hin. Ab dem 13. Jh. findet sich vermehrt das sog. Mi-Parti, die Farbteilung Anwendung. Anfänglich zeigte sie wohl lediglich das Abhängigkeitsverhältnis des Trägers an und wurde von Bediensteten getragen. [2]

Spätmittelalter

Bis zum 15. Jh. hatte sich im Mi-Parti eine wahre Farbsymbolik entwickelt, mit dem unter anderem die Gemütsverfassung des Trägers ausgedrückt wurde.

Färben

Die Verschönerung der Stoffe durch Farbenreiz geschah entweder mittels Färben im Ganzen oder Färben des Fadens, aus dem dann bunte Stoffe gewebt werden können. Beide Methoden sind uralt, wenn auch in ältester europäischer Zeit die letztere noch nicht sicher nachweisbar ist. Die Bemerkung von Tacitus, daß die germanischen Frauen ihre Leinengewänder mit Purpur beleben, könnte auch auf angenähte, nicht eingewebte Farbenstreifen abzielen.

Färbemittel

Als alte Färbemittel im Nordeuropa erwähnt Plinius eine Heidelbeere, welche blaue und rote Farbe ergibt, sowie den Ginster, aus dessen Blüte und Stengel gelbe und grüne Farbe gewonnen wird. Der griechische Philosoph Isidor erwähnt die Malve, deren Blüte weinrot färbt. In der Landgüterordnung von Karl dem Großen sind als Färberpflanzen, die in den Gärten angebaut werden sollen, Färberwaid für blaue Farbe und Färberröte genannt. Scharlachrot wird im 9. Jahrhundert aus dem Scharlachwurm oder der Kermeslaus erzeugt. Die Verwendung dieser echten Färbemittel für Stoffe ist sicher, andere sind in alter Zeit nicht bezeugt, besonders keine unechten Erdfarben.

Trachtenfarben

Lohengrin & Friedrich von Schwaben Europeana bibliotheca palatina 9867

Lohengrin & Friedrich von Schwaben. Friedrich begehrt Angelburg zur Ehe. (Cod. Pal. germ. 345, fol. 292r)

In der Hof- wie in der Königstracht der karolingischen Zeit herrschte eine besondere Vorliebe für purpurrote Gewänder, daneben auch für satte blaue Farbe. Außerdem ist als besondere germanische Standesfarbe vielleicht Weiß anzusehen, da Walahfrid Strabo die weißen Kleider der kimbrischen Weissagerinnen erwähnt.

Ob in der Brauttracht eine bestimmte Farbe im Mittelalter vorherrschte, ist nicht bekannt. Eine Miniatur des 11. Jahrhunderts zeigt folgende Farben in der Brauttracht: Blaues Oberkleid, mit rotblauweißen Ringen geschmückt, und weißes Unterkleid.

Als Trauerfarbe kommt wohl Schwarz in Betracht, im Gegensatz zum slavischen Weiß. Schon die kimbrischen Frauen legten nach Plutarch vor der Entscheidungsschlacht gegen Marius schwarze Kleider an. Im 9. Jahrhundert ist die Trauerfarbe schwarz und wurde auch am Artushof als solche bezeugt.

Einzelfarben

Die Farbe der Kleider konnte, wie der Kleiderstoff, sehr verschieden sein. Von Farben werden die folgenden in der altnordischen Literatur erwähnt. Alle die im Folgenden wähnten Farben waren natürliche Wollfarben.

  • Weiß war die allgemeine Farbe der Leinwand, und man legte großen Wert darauf, sie so weiß als möglich zu bekommen. Doch wurde der weiße Fries als das Allereinfachste angesehen und in der Regel nur zu Kleidern für die Knechte und die geringeren Leute benutzt.
  • Braunrot war sehr verbreitet; am häufigsten wird es erwähnt als braunrot-gestreift. Um die braunrote Wolle zu sparen, ohne doch in ganz weißen Frieskleidern gehen zu müssen, webte man das Zeug so, daß der eine Streifen braunrot, der andere weiß war. Der Fries dieser Art war also ein wenig einfacher, als ganz braunroter Fries; aber er war bedeutend teurer als ganz weißer Fries.
  • Schwarz, worunter man die natürliche Wollfarbe verstand, war auch sehr verbreitet.
  • Grau wird sehr häufig erwähnt. Wenn von Kleidern die Rede ist, die diese Farbe haben, so muß man hierunter teils Kleider von grauer Wolle (der natürlichen grauen Wollfarbe), teils Kleider verstehen, die entweder von Garn gewebt waren, in welchem der eine Faden schwarz und der andere weiß war, oder bei denen das Garn aus schwarzer und weißer Wolle zusammengesponnen war, also nur eine Mischung von zwei natürlichen Farben. Eine Variation dieser Farbe war, wie beim Braunroten, das Graugestreifte.

Farbekleider

Im Gegensatz zu den Kleidern aus natürlichen Wollfarben, standen die künstlich gefärbten Kleider, die Farbekleider hießen. Die Kleider aus natürliche Wollfarben sah man als einfacher, die Farbekleider als stattlicher an und nannte sie auch zuweilen Prachtkleider. Kleider von natürlicher Farbe wurden vom Volk im allgemeinen, künstlich gefärbte nur von den Bessergestellten und Adligen getragen. Zu den künstlichen Farben gehörten:

  • Gelb wird zwar selten als Farbe für Kleider erwähnt, aber daß es gebraucht worden ist, ist sicher.
  • Blau war sehr verbreitet. Hierunter muß man eine rabenschwarze Farbe verstehen, selten oder niemals die Farbe, die man heutzutage blau nennt. Häufig werden auch blaugestreifte Kleider erwähnt.
  • Braun wird nicht sehr oft erwähnt, war aber ziemlich allgemein verbreitet. Als Variation dieser Farbe wird rotbraun und dunkelbraun erwähnt.
  • Grün wird nur zuweilen erwähnt. Auch davon hatte man Variationen: gelbgrün und laubgrün.
  • Rot wurde als die allerprächtigste Farbe angesehen, und so nannte man rote Kleider im Gegensatz zu anderen auch "gute Kleider" (gōd klæði). Kleider von dieser Farbe wurden ausschließlich von Adligen und reichen Leuten getragen. Rote Kleider wurden bei den Germanen auch als Opferkleider (blōtklæði) bei Opfern für die Götter getragen.

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Quellen

Einzelnachweise

  1. Hoops, Reallexikon. Band 4. Art. Trachten § 11, S. 346 f.
  2. Wikipedia: Mi-Parti
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