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Die Lanze (ital. lancia da cavalleria, span. lanza, engl. lance) ist eine Stich- bzw. Stoßwaffe und gehört zu den Stangenwaffen. Sie besteht aus einem langem Schaft mit einer zweischneidigen Spitze aus Eisen. Die Gesamtlänge beträgt meist zwischen zwei und dreieinhalb Meter, spezielle Lanzentypen erreichen aber eine Länge von bis zu acht Metern. Erst im 16. Jh. kam sie bei der Reiterei allmählich aus der Mode.

Beschreibung[]

Der Begriff "Lanze" (it. lancia, sp. lanza.) wird in den verschiedenen Quellen nicht einheitlich verwendet und tlw. synonym mit Speer, Spieß und Reiterspieß verwendet. Der ursprüngliche lat. Begriff lancea bezeichnete einen leichten Wurfspeer der römischen Hilfstruppen (auxiliares).

Ab dem 15. Jh. bezeichnet die Lanze sowohl die langen, schweren Speere der Kavallerie, als auch die von den Fußtruppen geführten langen Spieße. Nach heutiger Terminologie ist die Lanze die Stichwaffe des Reiters (Reiterspieß), der Spieß die Stichwaffe des Fußkämpfers und der Speer die Wurfwaffe. [1]

Arten[]

Unterarten dieser Waffe sind u.a. [2]:

Name Kurzbeschreibung
Reiterspieß (Synonym) Synonym zur Lanze.
Garoche, Garrocha Beim spanischen Stierkampf gebräuchliche Lanze.
Contus Sehr lange Lanzenart von römischen und byzantinischen Kavalleristen (ab 1. Jh.)
Copie, Kopia Orientalischer Reiterspieß, ab dem 15. Jh. im Osmanischen Reich wiederbelebt.
Hasta Bei den Römern eigentlich jede Art Speer, aber besonders eine lange Lanze (Quiris)
Reisspieß Ein Reiterspieß („Schürzer").
Turnierlanze Lanze speziell für das Lanzenstechen (Tjost)

Elemente[]

Name Kurzbeschreibung
Brechscheibe / Brechschild Trichterfömiger Handschutz mit ausgeschweiften Flächen.
Dille / Dülle Kurze Röhre zur Befestigung des Spießeisens an der Stange.

Entwicklung[]

Latènezeit[]

Die Lanzenspitzen unter den Waffen der Latènezeit gehörten wohl eher zu Stoßspeeren (Spieße). Sie waren lanzettförmig mit starker Mittelrippe, hier und da an den Seiten etwas ausgeschnitten.

Frühmittelalter[]

Ab dem 10. Jh. war im Reich der Ottonen die Flügellanze verbreitet, bei der sich zwischen Klinge und Tülle zwei quer abstehende Fortsätze befinden. Sie wurde bis etwa 1200 verwendet. Die unter den Ottonen erstmals aufgetauchte Heilige Lanze und die zahlreichen Abbildungen von Wächtern mit Flügellanzen in der ottonischen Buchmalerei stützen diese These. [3]

Hochmittelalter[]

Vom Altertum an ist der Spieß auch Träger der Fahnen und Fähnchen, und so zeigt in der Epoche des ausgebildeten Rittertums die Lanze durch die Beigabe des Fahnenblattes, dessen Größe und Auszierung den Rang und das Geschlecht des Trägers an (Bild). Während dieser Epoche, der höfischen Zeit, kam die Lanze besonders bei den Ritterturnieren zum Einsatz, wo sie die Hauptwaffe im Tjostieren bildete, dem Lanzenstechen oder auch Lanzenbrechen (für den turniermäßigen Lanzenkampf siehe Artikel: Tjost).

11. Jahrhundert[]

Zu Beginn des Hochmittelalters zwischen 950 und 1050 ähneln die Formen vieler Lanzen den Bronze-Lanzenspitzen der Römerzeit, die sich neben verschiedenen anderen Formen bis in das 11. Jh. erhielten. Bei diesen Exemplaren setzte sich die Schafthülse noch bis zur Spitze fort. Wie bei verschiedenen Metallarbeiten der frühchristlichen Zeit erscheint zuweilen die Kreuzesform als Ornament auf dem Metall, ohne dass man in jedem Fall mit Bestimmtheit sagen könnte, dass es das wirkliche christliche Kreuz darstellt. [4]

12. Jahrhundert[]

Um die Mitte des 12. Jhs., in jener Epoche, in welcher die Erfahrungen aus den Kreuzzügen greifbare Gestalt angenommen hatten, veränderte sich die Form der Stangenwaffen und damit auch die Art ihres Gebrauches. Bei der Reiterei war man bemüht, die Wirkung der Spießes (der Lanze) zu erhöhen. Das führte zur Verlängerung und Verstärkung der Schäfte. Hatten sie bis dahin am Stammende durchschnittlich nur eine Stärke von 3,3 cm und eine durchschnittliche Länge von höchstens 4 m, so führte man sie nun bei einem Durchmesser von ca. 4,5 cm in einer Länge bis zu 5 m.

Die Spießeisen erhielten mannigfache Formen, die Spießklingen wurden lang und spitz und besaßen längere Dillen. Die mit dieser Umgestaltung verbundene ansehnliche Vermehrung des Gewichtes veranlasste zunächst eine Veränderung in der Handhabung. Führte der Reiter früher den Spieß in freier, erhobener Hand, wie noch Ende des 19. Jhs. die Beduinen, so zwang ihn jetzt die Schwere der Stange dazu, sie unter den Arm zu zwängen und, den Oberkörper anstemmend, den Stoß auszuführen.

Spätmittelalter[]

14. Jahrhundert[]

Vom 14. Jh. an machte sich in der Reiterei immer mehr das Streben geltend, den Schaft besonders zum Stammende hin zu verstärken. Schon um 1360 tritt der Versuch auf, die Faust, die den Schaft hält, durch eine flache Scheibe aus Blech vor Verletzungen zu sichern. Da jedoch diese Beigabe allein nicht genügte, bildete man sie darum trichterfömig mit ausgeschweiften Flächen. So entstand die Brechscheibe.

Allerdings schwand die Stärke des Hinterschaftes zu einer Schwächung in der Handlage, woraus jene Form entstand, die bei den gewöhnlichen Reiterlanzen wie bei den Turnierlanzen überall zu erblicken ist und welche sich traditionell bei den Schäften der Reiterstandarten bis ins späte 18. Jh. erhalten hat. So entstand die charakteristische Form des langen Reisspießes (Bild), d.h. der Spieß des Reiters, im Gegensatz zum kürzeren knechtischen Spieß, d. h. dem Spieß des Fußknechtes, später des Landsknechts und Pikeniers. [5]

15. Jahrhundert[]

Im Verlauf des 15. Jhs. nahm die Stärke der Reisspieße stetig zu und der Spießschaft erhielt zur Gewichtsreduzierung Kanälierungen von zuweilen bedeutender Tiefe. Am Ende des 15. Jhs. wurde es dann Sitte, das Reisspießeisen am unteren Ende mit einem Fuchsschweif zu verzieren.

Orientalische Reiter führten die lange Lanze mit dünnen, kaum 15 mm starken und 4 bis 4,5 m langen Schäften. Am Dillenhals finden sich herausgestemmte, nach unten gerichtete Zacken, um welche verschiedenfarbige Schnüre aus Kameelhaaren gewunden sind (Bild). Ein dünnschäftiger, höchstens 3 m langer Reiterspieß mit langer Stoßklinge, welcher im 15. Jh. bei den Türken zuerst allgemeiner wird, führt den Namen Copie (Bild). Die Reiterlanze der Sipâhi wird in der Türkei „sünü" benannt.

Mit Lance fournie bezeichnete man unter Karl VII. von Frankreich (1422-1461) ein Schar von 100 Mann mit 3 Bognern, Coutillier (Knappen), 1 Pagen und 1 Diener.

Renaissance[]

Die lange und dünnschäftige Reiterlanze kommt bei allen Völkern Vorderasiens in Verwendung. Die Schäfte bestehen aus Holzarten, welche in den betreffenden Landstrichen eben häufiger vorkommen, nicht selten aus Rohr vom Pfefferstrauch, vom Bambus u. dgl. (Bild).

Die Orientalen schätzten vorzugsweise einen leichten Reiterspieß, weshalb es nicht selten vorkommt, dass Spießstangen mit aller Kunstfertigkeit durchbohrt und damit hohl gebildet wurden. Nicht nur die Lanze selbst wurde vom Waffenschmied reich mit Ornamenten in Tausia, Niello und Vergoldung ausgestattet, der Besitzer selber behängte sie auch mit Geflechten und Quasten aus Yakwolle und Seide. Schon in ältester Zeit bildete die Spende einer Lanze das Zeichen höchster Gunst des Sultans, und immer das wertvollste Geschenk.

16. Jahrhundert[]

Kommt der Reisspieß im 15. Jh. häufiger ohne Brechscheibe vor, so finden wir ihn mit solcher in der Ritterschaft wie bei den Kürissern des 16. Jhs. fast ausnahmslos und zuweilen selbst an Fahnen und Fähnleinschäften. Gegen das Ende des 16. Jhs., jener Epoche, in welcher die Erfahrungen in den Kriegen der Niederlande sich überall geltend machten, verlor der Reisspieß mehr und mehr an Bedeutung. Dazu kamen noch die Einflüsse der italienischen Kriegslehren, insofern man in Italien von jeher eine schwere Ausrüstung des Reiters und die darauf fußende Taktik als ungünstig ansah.

So verschwanden die Kürisser, welche noch den Reisspieß führten, allmählich in den Heeren, während die Dragoner, die reitenden Schützen, immer zahlreicher wurden. Bald erschienen auch die Kürassiere zu schwerfällig, und zur Förderung ihrer Beweglichkeit entledigte man sie des schweren Reisspießes.

Ende des 16. Jhs. kam die Lanze allgemein in Verachtung, als 1591 in der Schlacht bei Pontcharra (Frankreich) der letzte französische Connétable (von comes stabuli - 'Marschall'), François de Bonne de Lesdiguières, durch eine glückliches Recontre das erste Signal zu deren Verwerfung gab. Nachdem er am Vortag behauptet hatte, dass „nichts leichter sei, als einen Lanzenstoß zu parieren“, sah er sich am anderen Tage einem savoyischen Ritter mit vorgestreckter Lanze und mit 20 Hommes d'armes (Waffenknechten) auf sich losgaloppieren. Er verbot seinen Leuten, ihm beizustehen, ritt auf den Ritter los, gab dessen Lanze durch einen geschickten Gebrauch seines Degens eine andere Wendung und tötete den Ritter durch einen Stich ins Gesicht.

Die Lanzen verloren seit jener Zeit bedeutend an Ansehen. In der Schlacht von Zorndorf (1758) trug sich etwas Ähnliches zu. Das Erscheinen der Kosaken mit ihren langen Lanzen hatte die sonst so braven Husaren der Armee des Königs, mit denen er herbeieilte, intimidiert. - Ein junger Offizier, der später bekannte General von Götzen, beugte nachteiligeren Folgen dadurch vor, dass er im Angesicht seines Regiments mehrere Einzlkämpfe mit Kosaken bestand, aus denen er glücklich hervorging, und wodurch er seinen Leuten bewies, wie stark der geschickte Gebrauch des Säbels den Reiter machte. [6]

Neuere Geschichte[]

Nur bei den Ungarn und Polen, die nach den Traditionen des Orients wie im gesamten Leben auch in der Kriegskunst stets konservativ erscheinen, blieb die leichte orientalische Lanze unter der, fachlich genommen, unrichtigen Bezeichnung Pike bis ins 18. Jh., bei den Polen selbst bis ins 19. Jh. hinein eine beliebte Reiterwaffe.

Im 19. Jh. kamen die Speerreiter (franz. lanciers, span. lancero, ital. lanzia, engl. lancer) aber auch wieder stark in Aufnahme. Dazu gehören besonders die Ulanen (tartarischen Ursprungs), von denen auch in Frankreich 1734 ein Corps eingeführt, aber nur sehr kurze Zeit bestanden hat. Im Jahre 1889 wurde selbst unter Kaiser Wilhelm II. der bewimpelte Speer eingeführt, nicht nur wie früher bei den Ulanen, sondern auch für die sonstige Reiterei in jedem Regiment für mehrere hundert Mann.

Dies ahmte Frankreich auf Vorschlag des Generals Gaston de Galliffet nach. Es wurden sofort 8.000 Stück Königsbambus aus Tonking angekauft für Lanzen von 2,90 m und 3,15 m Länge zur Ausrüstung von 100 Mann bei jedem Reiterregiment. Die Länge der deutschen Lanzen betrug 3,15 m. Es wurden auch Versuche gemacht, die Schäfte für die Lanzen, mit welchen die deutsche Kavallerie ausgerüstet werden sollte, aus Aluminiumbronze nach dem Mannesmannverfahren herzustellen.

Galerie[]

Externe Links[]

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Wikipedia: Lanze
  2. Pierer's Universal-Lexikon, Band 16 (Zeno.Org). Altenburg 1863, S. 552.
  3. Wikipedia: Flügellanze (Version vom 22.03.2017)
  4. Hefner-Alteneck, Trachten, Kunstwerke. aaO. Bd. I, S. 25, Tafel 44
  5. Meyers, KvL. aaO. Bd. 16, S. 771 (Reißspieß).
  6. Geschichte des Kriegswesens, Band 1 (Google Books). Berlin : Friedrich August Herbig, 1835. S. 40 f.
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