Mittelalter Wiki
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Information Hier entsteht ein Artikel, der das Thema Pflanzen und ihre Anwendung im Mittelalter behandelt. Da ausführliche Hauptartikel zu den jeweiligen Pflanzen bereits im deutschen Wikipedia bestehen, soll das Hauptaugenmerk in diesem Artikel und den nachfolgenden Pflanzen-Beiträgen hier rein auf ihrer historischen Bedeutung liegen.

Pflanzen wurden im Mittelalter nicht nur zum Kochen oder als Gewürze in der Küche verwendet, sondern dienten ebenso z.B. als Heilmittel und zum Färben von Stoffen. Vielen Pflanzen wurden zur damaligen Zeit außer Heilkräften, ebenso auch mythische Kräfte nachgesagt.

Geschichte

Bereits die Germanen in vorrömischer Zeit bauten eine beträchtliche Anzahl an Kulturpflanzen an. Sie kannten nicht nur die wichtigsten Getreide: Gerste, Weizen, verschiedene Spelzarten, Hirse, Hafer und Roggen, sondern bauten auch eine ganze Reihe von Gemüsearten wie Bohne (baunir), Erbse (ertr), Rübe (næpur), Lauch und Kürbis. Als Gespinstpflanze kannten die Germanen Flachs, Hanf und Waid, als Ölpflanze den Mohn und sie waren mit den ersten Anfängen der Obstkultur vertraut.

Vor allem den ausgefeilteren Gartenbau brachten die Römer mit (Siehe Gärten). Die weitere Ausbreitung des Obst- und Gartenbaus im Norden Europas war vor allem das Werk der Mönche, die mit dem Christentum zugleich die südlichen Küchengewächse und Obstarten im Norden einbürgerten. Dann trat ein Stillstand ein: der Bestand der Küchen-, Obst- und Ziergärten in den mittel- und nordeuropäischen Ländern blieb von der Römerzeit bis zum Ende des Mittelalters in der Hauptsache der gleiche.

Frühmittelalter

Im Frühmittelalter schrieb der Benediktinerabt des Klosters Reichenau (Bodensee), Walahfrid Strabo, ein vielbewundertes lateinisches Lehrgedicht über die Kräuter seines Gartens "Hortulus" (De cultura hortorum), worin er die Kräfte von 23 Heilpflanzen besingt, die damals in Gärten angebaut wurden. Darin sind 18 Arten aus dem "Capitulare" und noch 5 weitere, die schon in der Naturgeschichte des Plinius vertreten sind, enthalten. Es ist das erste botanische Dokument aus alter deutscher Zeit, das sich mit dem Anbau und der Pflege der Nutz- und Heilkräuter befaßt.

Karl der Große

Capitulare de villis vel curtis imperii LXX

Die Capitulare de villis vel curtis imperii. Kapitel 70.

Auch Karl der Große veranlaßte im 9. Jahrhundert in der "Vita Caroli Magni", die Mönche seines Reiches , sich mit der Heilkunst zu beschäftigen und Arzneipflanzen anzubauen. In der "Capitulare" regelte er außerdem die Dreifelderwirtschaft, den Weinbau, die Obstpflege, die Zucht von Hausvieh und Herdenvieh bis ins einzelne als Bestandteile vorbildlicher Musterwirtschaften. Im 70. Abschnitt des Capitulare sind außer 73 Nutzpflanzen einschließlich Heilkräutern und 16 verschiedene Obstbäume beschrieben, die in allen kaiserlichen Gütern von den Verwaltern angepflanzt werden sollten.

Hochmittelalter

Die christlichen Kreuzzüge brachten vielerlei Gewürze und deren Handel nach Zentraleuropa. In Italien war eine der besonders hervorragende Stätten naturwissenschaftlicher und ganz besonders medizinischer Lehre das Benediktinerkloster von Monte Cassino. Als die Benediktinermönche über die Alpen nach Deutschland zogen, brachten sie viele heilkräftige Pflanzenarten mit, die besonders der Mittelmeerflora angehörten und die von den Völkern Vorder-asiens angebaut wurden. Diese Pflanzen fanden bald in größerem Ausmaß nördlich der Alpen Verbreitung.

Hildegard von Bingen

Besonders ist auch die Heilmittellehre zu erwähnen der Äbtissin Hildegard von Bingen (etwa 1098 - 1179): "Liber subtilitatum diversarum naturarum creaturarum" (Buch von dem inneren Wesen der verschiedenen Naturen der Geschöpfe), in der Literatur häufig kurz "Physica" genannt (1150) ; ihr Werk enthält die Anfänge einer deutschen Pflanzen- und Tierkunde. Im 2. und 3. Buche ihrer "Physica" ist eine Aufzählung von über 250 deutschen und in Deutschland einheimisch gewordenen "Gräsern, Kräutern und Früchten" mit ihren Nährwerten und Heilkräften in althochdeutscher Sprache enthalten.

Getreideanbau

Die Getreidearten, die in der altnordischen Literatur erwähnt werden, sind: Gerste (bygg, byggsāð), Weizen (hveiti, hveitikorn), Hirse (hirsi), Hafer (hafri, hagri) und Roggen (rūgr, rūfr). Gerste und Weizen waren sehr verbreitet, Hirse dagegen seltener.

Gärten

Wartburg Kräutergarten 2013-04-28 1910

Mittelalterlicher Kräutergarten in der Wartburg (Eisenach).

Von den Römern lernten die Germanen der feineren Gartenbau. Die Ansätze des Gartens waren den Germanen freilich schon vor der Römerzeit bekannt, doch bis dahin wurde Gemüse, genau wie Flachs, Hanf und Getreide meist nur feldmäßig angebaut. Das Wort "Garten" selbst (got. gards, anord. garðr, ags. geard, afries. garda, as. gard und gardo, ahd. garto) ist mit "Gehege, Hof" verwandt. Es bedeutet einen umzäunten Hof, der das Haus umgibt. Der germanische Garten war allerdings in erster Linie ein umhegter Viehhof, in dem nur nebenher auch Küchengewächse und Apfelbäume gepflanzt wurden.

Da erst die Römer also eine intensivere Gartenkultur nach Norden brachten, führen noch heute - im Gegensatz zu den Getreidearten - viele der bekannten Küchengewächse lateinische Namen: Gemüse wie Kohl, Zwiebel, Rettich, Spargel, Gurke, Lattich; Gewürze wie Fenchel, Kümmel, Petersilie; ferner alte Zierpflanzen wie Rose und Lilie. [1]

Klösterliche Kräutergärten

Vor allem in den christlichen Klöstern entstanden umfangreiche Kräutergärten. Nach dem sogenannten "Capitulare" war der Kräutergarten in 16 Beete eingeteilt und jedes Beet mit dem Namen der darauf anzubauenden Pflanzenart versehen. Dabei handelte es sich um Pflanzen, die zum Teil noch heute für arzneiliche Zwecke angebaut werden. [2] Für den Kräutergarten (herbularius) waren u.a. die folgenden Arten vorgesehen: Deutsche Schwertlilie, Madonnenlilie, Hunds-Rose, Weinrose, Gemeiner Hagedorn, Salbeiarten, Weinrauten, Poleiminze, Griechisches Heu, Bockshornklee, Wegrauke, Wilder Senf, Kreuzkümmel, Liebstöckl, Fenchel, Minzearten: z.B. Frauenminze, Rosmarin, Bohnenkraut und verschiedene Bohnenarten.

Klösterliche Küchengärten

Der Küchengarten in den christlichen Klöstern enthielt der "Capitulare" zufolge u.a. folgende Arten: Schlafmohn, Porree, Sellerie, Koriander, Anis, Schlafmohn, Gartenrettich, Mohrrüben, Mangold, Knoblauch, Schalotte, Petersilie, Gartenkerbel, Salatarten, Bohnenkraut, Pastinake, Gemüsekohl, Schwarzkümmel.

Obstanbau

Auch den Obstanbau brachten die Römer — vom Apfelanbau abgesehen — zu den Germanen. Die Namen fast sämtlicher Obstarten sind aus dem Lateinischen entlehnt: Birne, Pflaume, Zwetsche, Kirsche, Pfirsich, Aprikose, Quitte, Kastanie, Maulbeere, Mandel.

Mythische Bedeutung

Vor allem im medizinischen Volksglauben tauchen Pflanzen auf. Aber auch sonst wird das Menschenleben vielfach mit ihnen in Zusammenhang gebracht. Die einen bringen Glück, vermehren das Vermögen (Alraunenwurzel, vierblättriges Kleeblatt), andere schützen Menschen und Vieh gegen feindliche Dämonen und werden deshalb besonders häufig an den Häusern und den Türen der Ställe angebracht (Holunder, Johanniskraut, Beifuß usw.). Andere Pflanzen künden in der Erde verborgene Schätze oder Wasserquellen (Farnkraut, Springwurz, Wünschelrute) oder werden zu Schicksalsfragen an die Zukunft verwandt (Zwiebel). Wie gewisse Steine machte im Volksglauben auch der Same des Farnkrauts seinen Träger unsichtbar. [3]

Verwandte Themen

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Quellen

  • Waldbäume und Kulturpflanzen im germanischen Altertum. Hoops. Straßburg 1905.
  • Sprachvergleichung und Urgeschichte. Schrader. 3. Auflage. Jena 1906 — 07. Kapitel II, Seite 185 bis 216.

Einzelnachweise

  1. Germania, Vierteljahrsschrift für deutsche Altertumskunde. Hrsg. V. Franz Pfeiffer. 1856. Seite 16 ff.
  2. Gewürzlexikon: Mittelalter
  3. Johannes Hoops. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 1. 1918—1919. S. 11.
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