Mittelalter Wiki
Advertisement
Mittelalter Wiki

Ziu (ahd.) bzw. Tyr (anord.), auch Zio, got. Tius, oder ags. Tiu, war in der germanischen Mythologie ursprünglich der höchste der Götter und wurde als solcher am längsten von den süddeutschen Stämmen verehrt, während die Norddeutschen und die Skandinavier später Wodan (Odin) an die Spitze des Pantheons stellten und Tyr als einer der Söhne Odins auftritt. Mehrere Altertumsforscher sind geneigt, ihn mit Saxnot, Irmin und ebenso mit Tuiscon zu identifizieren.

Beschreibung[]

Ziu war ursprünglich der Gott des lichten Himmelsgewölbes, der Vater Himmel. Seine Eigenschaften stimmen mit denen des Wotans vielfach überein. Er entspricht dem Begriff nach dem griechischen Zeus und dem römischen Jupiter. Als oberster und mächtigster aller Götter wurde er aber auch bei allen wichtigern Vorkommnissen des Lebens angerufen. Im germanischen Mitteleuropa wurde Ziu bzw. Tiwaz bis zur Völkerwanderungszeit der Hauptgott verehrt. Sein Runenbuchstabe ist . [1]

Als Thing-Gott[]

Ziu wurde als Gott der Thingversammlung verehrt und führte daher auch den Beinamen Thingsus. Darauf deutet auch die 1883 im nördlichen England am Hadrianswall aufgefundene Weihe-Inschrift "tuihantischer", d. h. wohl friesischer Krieger aus der holländischen Landschaft Twente. [2] Da der Himmel die Strahlen des Lichtes wie des Blitzes aussendet, die man mythisch mit Schwert und Pfeil verglich, so wurde Ziu zu einem Gerichts-, Schwert- und Kriegsgott. Daher verglichen ihn die Römer ihrem Mars und so vertrat Ziu in seinem Wochentag, dem Dienstag, den Mars. Infolgedessen wurde bei der Verdeutschung der lateinischen Wochentagsnamen der dies Martis durch Ziwes tag wiedergegeben. Inschriften germanischer Söldner im römischen Heer bezeugen die Verehrung des Mars thingsus (des dem Thing vorstehenden Ziu) und des Mars halamardus (des 'männermordenden' Ziu). [3]

Als Sohn Odins[]

In Norddeutschland und Skandinavien erscheint Ziu als anord. Tyr - Als Sohn des Odins und der Frigga, und Bruder des Thor. Als Gott der Kühnheit, Weisheit und Stärke, wurde er sowohl von den Helden als den Skalden um seine Gunst gebeten, und zugleich mit Thor und Odin verehrt. In Schlachten rief man ihn als Geber des Sieges an. Zeichen seiner Unerschrockenheit ist der Kampf mit dem wütenden Fenris, der die Asen in Asgard bedrohte. Als die Asen den Wolf überredeten sich mit dem Bande Gleipner binden zu lassen, wollte dieser als Unterpfande, daß die Asen ihn wieder lösen würden, dass einer von ihnen seine rechte Hand dem Wolf in den Rachen steckte. Tyr allein besaß den Mut, den Fenrir zu bändigen, wobei er seine eine Hand einbüßte, als die Asen den nicht wieder losließen. An Ragnarök kämpft Tyr mit dem Höllenhund Garm. Zwar tötet er das Untier, doch sinkt gleichzeitig von dessen giftigen Pesthauch tot zu Boden.

Überlieferung[]

Ziu gilt als der Gott, den Tacitus (Germania 39) den Nationalgott der Semnonen nennt, die sich als die ältesten und edelsten der Sueven verstehen. "Zu einer bestimmten Zeit des Jahres schicken alle stammverwandten Völkerschaften ihre Vertreter her in einen durch die Weihe der Vorfahren und das mit Ehrfurcht erfüllende Wesen der Vorzeit geheiligten Wald, und mit einem für den Staat gebrauchten Menschenopfer beginnt die schaurige Feier nach barbarischer Sitte. Noch in anderer Weise zeigt sich die religiöse Ehrfurcht, mit der dieser Hain verehrt wird: Niemand betritt ihn anders, als gefesselt, um seine Unterwürfigkeit unter die Gewalt der Gottheit zu bekunden. Fällt etwa einer zu Boden, so darf er weder aufstehen, noch sich aufrichten lassen; auf dem Boden muss er sich hinauswälzen. Alle diese religiösen Gebräuche weisen dahin, dass hier die Wiege des Volkes sei, dass hier der alles beherrschende Gott wohne, dem alles andere unterthänig und dienstbar sei." [4]

Noch in Glossen des 9. und 10. Jhs. werden die Schwaben Ziuwarî - 'Männer des Ziu' genannt; Augsburg hieß nach dem Kulte des Gottes Ziesburc - 'Burg des Ziu'. Als Kriegsgott führte Ziu den Beinamen Arhvus, ags. Earh, Ear, got. hairu = Schwert. Von ihm hatte die Stadt Eresburg an der Diemel, jetzt Stadtbergen, den Namen.

Etymologie[]

Der urgermanische Name *Teiwaz, Tiwaz, indogermanisch *deiwos, bedeutet „Gott“ oder „göttlich“ und entspricht lat. divus. In der altnordischen Völuspa bedeutet tivar eine Pluralform von „Gott“ und ist eine relikthafte Erhaltungsform von teiwaz. Der Name und die Figur sind urverwandt mit dem indogermanischen „Vater- und Himmelsgott“.

Dienstag[]

Nach Ziu ist ebenso der dritte Wochentag, der 'Dienstag' (= 'Tag des Tiu') benannt. Ahd. Ziwestac, Ziuwestac; oberdeutsch Ziestig; aleman., schwäb. noch heute Ziestag, norddeutsch Diestag. Anord. Tyrsdagr; ags. Tivesdag; engl. Tuesday; dän. Tirsdag. Aufgrund seines Beinamens ahd. Erch, Ir, d.h. Strahl, Pfeil, heißt der Dienstag in Bayern auch Erstag, Irtag. Sowohl in mittelalterlichen niederländischen Rechtsquellen und als auch noch in der neueren niederländischen Sprache heißt der Dienstag Dingstag (= 'Tag des Thinges').

Saxnot[]

Als besonderer Namen des Ziu gilt der sächsische Beiname des Tiuz: Sahsnôt (Saxnot), d.h. 'der des Schwertes geniessende, waltende'. Bekannt ist dieser Name aus der sächsischen Abschwörungsformel in einer Fuldaer Handschrift vom Ende des 8. Jhs.: "... und ich entsage Donar und Wodan und Saxnot und allen Unholden." (... end ec forsacho Thunaer ende Uuoden ende Saxnote ende allum them unholdum'')

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. L. v. Schröder: Die Religion der Arier Band 1, 1923, S. 568. „Die arischen Völker glaubten und verehrten schon in der Urzeit einen höchsten Gott, der im Himmel wohnend, im Himmel sich offenbarend, vom Himmel aus wirkend und waltend gedacht war – einen Himmelsgott, der auch zugleich ihr höchstes gutes Wesen bildete.“
  2. Reallexikon der Germanischen Altertumskunde, Band 1. Johannes Hoops, 1918-1919. S. 469, §. 2. Art. Ding.
  3. Meyers Großes Konversations-Lexikon, Band 20. Leipzig 1909, S. 966.
  4. Tacitus, De origine et situ Germanorum (Germania). Übersetzung "Die Germania des Tacitus"'. Anton Baumstark: Freiburg 1876. Digitalisat auf Wikisource.
Advertisement