Mittelalter Wiki
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Eine Verwandtenehe war in den meisten mittelalterlichen Gesellschaften Europas nicht erlaubt. Das beinhaltete auch die Missbilligung des Sexualverkehrs selbst für solche nahe Verwandte, die der Sippenstruktur nach davon nicht ausgeschlossen waren. [1]

Beschreibung[]

Die Geschwister- und Verwandtenehe als Institution beschränkte sich normalerweise auf sozial prominente Geschlechter, speziell Königshäuser. Sie diente dem Zusammenhalt der ökonomischen Machtmittel des Hauses, dem Ausschluss politischer Prätendentenkämpfe, sowie der Reinerhaltung des Blutes. [1]

Völkerwanderungszeit[]

Inzestiöse Verbindungen und Verwandtenehen bei germanischen Stämmen vergleichsweise tolerant behandelt. Nur Ehen zwischen Aszendenten (Vorfahren, Eltern) und Deszendenten (Nachfahren, Kindern) sowie zwischen Geschwistern waren in heidnischer Zeit verboten. Ob man allerdings aus der in nordischen Sagen beschriebenen Geschwisterehe der Wanen in der Lokasenna (32) oder der Völsungasaga schließen darf, dass im Altertum die Geschwisterehe gestattet war, ist zweifelhaft. Auch über die Strafe bei Blutschande in vorchristlicher Zeit ist nichts überliefert.

Kein Ehehindernis bildete dagegen eine Schwägerschaft; selbst die Ehe mit der Stiefmutter war gestattet und in Herrschergeschlechtern üblich, wie aus Zeugnissen der Historiker Prokop von Caesarea (500-562) [2] und Beda Venerabilis (672-735) [3] hervorgeht.

Frühmittelalter[]

Im Zuge der Christianisierung arbeitete die Kirche daran, über die römischen Eheverbote hinaus die Ehen von Geschwisterkindern, seit dem 6. Jhd. auch von Geschwisterenkeln, seit dem 8. Jhd. von Verwandten überhaupt zu verbieten und auch die Ehe von Verschwägerten zu unterbinden. Allerdings hatte dies erst allmählich Erfolg. Noch 858 konnte Æthelbald von Wessex die Witwe seines Vaters heiraten. Erst dadurch, dass die weltliche Gesetzgebung die kirchlichen Grundsätze übernahm und Blutschande mit schweren Strafen (Todesstrafe, Vermögenskonfiskation etc.) belegte, setzten sich die Verbote von Verwandtenehen allmählich durch.

Das ältere Westgotenrecht (ab 493), das salische (ab 507), ripuarische (ab 623), alamannische und bayrische Volksrecht (um 741) sowie das Edikt Rotharis (643) übernahmen nur die Eheverbote des römischen Rechts und fügten ihnen höchstens das Eheverbot für Geschwisterkinder hinzu.

Das Eheverbot für Geschwisterenkel findet sich zuerst in Spanien in der westgotischen Gesetzgebung von König Rekkared I. (586-601), dann im Frankenreich im Dekret Pippin des Jüngeren von 754 und später auch in England in den Königsgesetzen des 10. Jhds. In der Folgezeit erlangten die kirchlichen Normen dann Vorherrschaft, und auch die Bestimmungen der nordischen Rechtsquellen sind von Anfang an von ihnen abhängig.

Verwandte Themen[]

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Quellen[]

  • Brunner, Heinrich. Deutsche Rechtsgeschichte (Internet Archive). 2 Bände. (1. Bd. in 2. Auflage). Leipzig 1906 und 1892. Neuauflage Verlag BiblioBazaar, 2010. ISBN 1173128565. Bd. I, S. 94; Bd. II, S. 664 f.

Einzelnachweise[]

  1. 1,0 1,1 Weber, Max. Wirtschaft und Gesellschaft. Grundriß der verstehenden Soziologie (Zeno.org). Besorgt von Johannes Winckelmann. Studienausgabe, Tübingen 1980. 2. Teil, Kap. III, § 3. S. 218-219.
  2. Prokop IV, 20 für die Warnen
  3. Beda II, 5 für die Angelsachsen
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