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Crystal keditbookmarks Dieser Artikel wurde am 08. Juni 2014 als Spotlight vorgestellt.

Die Nutzung eines Webstuhls zum Weben reicht in Mitteleuropa bis in die Jungsteinzeit (5500 bis 2200 v. Chr.) zurück. Die Funde der Schweizer Pfahlbauten (ca. 5. bis 1. Jahrtausend v. Chr.) beweisen, dass sich der Entwicktungsprozess vom Flechten zum Weben dort bereits in früher neolithischer Zeit vollzogen hatte.

Beschreibung[]

Eine große Anzahl von Webegewichten aus Ton oder Stein, teils kugelförmig, teils in Form einer abgestumpften Pyramide, die dort, wie auch in Süd- und Norddeuschland (in Skandinavien so früh bisher nicht nachgewiesen) häufig gefunden wurden, sind allerdings die einzigen gesicherten Reste des alten Webstuhls, der sich senkrecht gedacht werden muß.

In der Bronzezeit (2200-800 v. Chr.) ist auch für Skandinavien der Webstuhl als gesichtert anzunehmen, da von dort gerade aus jener Epoche gut erhaltene und große gewebte Stoffreste besitzen. Aufrechte (bzw. senkrecht) Webstühle haben sich auf den Färöer-Inseln bis in die Neuzeit erhalten.

Wann der Webstuhl mit wagerecht laufender Kette in den germanischen Ländern eingeführt wurde, ist schwer zu bestimmen. Vielleicht kam er mit den kostbaren orientalisch-byzantinischen Seidengeweben vom Orient her. Der auf diese Form weisende Name web-stuol erscheint erst im Mittelhochdeutsch (1050-1350) des Hochmittelalters.

Etymologie[]

Webstuhl Färör Inseln kulturgeschichte00mont Fig

Webstuhl von den Färör Inseln

Sprachlich weist skrt. sthavi - 'Weber', anord. vefstaðr - 'Webstuhl' (alle zu W. sthá - 'stehen' gehörig) darauf hin, dass der Weber bei seiner Arbeit stand, also an einem aufrechten Webstuhl arbeitete. Rudolf Meringer erinnerte dazu an die Verbindung von franz. panneau - 'Fach' beim Bauwesen, zu pannus, ital. panello - 'Stückchen Tuch'.

Der stehende Webstuhl bot das Bild des "Fachs" im Bau, und so hängt auch ags. stuþan-sceaftas ('Standbalken') der Wortbildung nach zusammen mit tirol. stuedl - 'Webstuhl' zum Tuchwirken." [1] (Vgl. auch got. fana, ags. fana, ahd. fano - 'Zeug, Tuch, Schleier' zu lat. pannus urverwandt).

Unterarten[]

Neben dem eigentlichen Webstuhl, auf dem Stoffe von größerer Breite hergestellt werden konnten, sind zwei weitere Geräte zu erwähnen, die hauptsächlich zum Weben von Besatzstücken bzw. Borten (ahd. borto) und Bändern dienten:

Brettchenapparat[]

Beim Brettchenweben werden kleine, quadratische Brettchen an den vier Ecken durchlocht, durch die Löcher zieht man vier Fäden. Die Brettchen werden mit ihrer Fläche in die Laufrichtung der Fäden gestellt. Spannt man letztere fest ein, so bilden sie die Kette, den dreieckigen Raum zwischen ihnen nennt man "Fach". Führt man den Schußfaden durch das Fach und gibt den Brettchen eine Vierteldrehung, so kommen die Fäden der oberen Kette nach unten, der unteren nach oben; der Schußfaden liegt fest, kann zurückgeführt, und durch abermalige Vierteldrehung der Brettchen wieder festgelegt werden usw... Weiterlesen.

Gürteltau[]

Codex Mannesse Fol 285r Rost, Kirchherr zu Sarnen

Codex Manesse, fol. 285r: Rost, Kirchherr zu Sarnen

Das Gürteltau (mnd. touwe, tow, tau - 'Gerät, Werkzeug', mhd. gezouwe entsprechend, ursprünglich vielleicht auch-Tau = Strick - auf wieden, flechten hinweisend) wird heute im Hannoverschen gördeltá genannt. Bei diesem Gerät werden die wagerecht liegenden Kettenfäden derart durch ein gitterartiges Holzbrett geführt, dass wechselweise die eine Hälfte der Fäden, die durch ein Loch in den Gitterstäben gezogen sind, festliegt, die andere Hälfte aber in den Zwischenräumen zwischen den Stäben beweglich ist.

Die letzteren Fäden können daher durch Anheben oder Senken über oder unter die ersteren gebracht werden. Wenn nun der Schußfaden mit dem Schiffchen, das die Form der Netznadel hat, einmal bei erhöhter Lage und zurück bei Tieflage zwischen den beweglichen und festliegenden Kettenfäden durchgeführt wird, so erhält man ein Gewebe in einfacher Leinwandbindung.

Das Gerät ist aus Finnland, Ostpreußen, Pommern, Hannover, Salzburg, Italien und Nordamerika bekannt. Ihr frühes Vorkommen beweist eine Miniatur in der Manessischen Liederhandschrift (Codex Mannesse Fol 285r), die wieder auf eine Miniatur aus einer Handschrift des Roman de la Rose zurückgeht. Auf dem Bild wird das Gürteltau deutlich dargestellt, die neben ihm sitzende Dame erwehrt sich mit dem Webeschwert, das zum Anschlagen der Schußfäden dient, der Zudringlichkeiten eines Mannes. [2]

Vielleicht bezeichnet das mhd. dríhe, dríe einen dieser genannten Webeapparate.

Hilfsmittel[]

Von den beim Weben benutzten Geräten haben sich aus der Jungsteinzeit nur wenige erhalten. Zum Glätten des Gewebes dient ein längerer Knochen, die häufig als "Schlittschuhe" bezeichnet wurden.

Weberschiffchen[]

Hölzerne Weberschiffchen liegen aus den Schweizer Pfahlbauten vor (Bodman I, II), auch in Mecklenburg (Ostorfer Seeinsel) wurde ein zierliches Weberschiffchen aus neolithischer Zeit gefunden.

Webeschwerter[]

Die Webeschwerter waren ebenfalls wohl meist aus Holz und daher leicht vergänglich. Aus der Wikingerzeit wurde ein Webeschwert aus Walfischknochen in Norwegen gefunden. [3]

Weberschwert kulturgeschichte00mont Fig

Webeschwert aus Walknochen (Norwegen, Wikingerzeit)

Galerie[]

Verwandte Themen[]

  • Siehe auch: Weben, Webegewicht

Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Indogermanische Forschungen. Hrsg. V. Brugmann u. Streitberg. Straßburg, 1891 ff. Band 17 (1904/1905), S. 136
  2. Die Miniaturen der Manessischen Liederhandschrift und ihr Kunstkreis (Uni Heidelberg). Erich Stange. Diss. Königsberg 1909. Greifswald : Abel, 1909.
  3. Kulturgeschichte Schwedens von den ältesten Zeiten bis zum elften Jahrhundert nach Christus (Internet Archive). Oscar Montelius. Leipzig : E. A. Seemann, 1906. S. 293, Fig. 463
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