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Der Zentenar oder Zentenarius bzw. Centenar (lat. centurio, hunno) war im Frankenreich der Vorsteher der Hundertschaft. Wird angenommen, dass der in der Lex Salica erwähnte Thunginus ein Richter der Hundertschaft war, so war der Zentenar der Nachfolger des Thunginus.

Beschreibung[]

Im Merowingerreich (5.-8. Jh.) waren die Zentenare Provinzialbeamte: Sie waren die Vertreter der untersten staatlichen Bezirke, der fränkischen und alamannischen Hundertschaften (centenen). Ihnen entsprachen die Goe der Friesen und Sachsen, die lat. conditae der Bretagne, die lat. aicis der Auvergne und die lat. vicariae auf romanischem Gebiet.

Anfangs entsprachen sie ebenso den Thungine der Lex Salica, ebenso den Vikaren, und teilweise den Tribune und Schultheißen, die vermutlich mit den Sakebaronen des salischen Volksrechts in Verbindung stehen. [1]

Im Laufe des Frühmittelalters veränderten sich die Befugnisse des Zentenars im Vergleich zum früheren Thunginus erheblich, denn ihm wurde der Graf als königlicher Vorsteher des größeren, mehrere Hundertschaften umfassenden Bezirks vorgesetzt. Er brachte den alten Volksbeamten nach und nach in ein Verhältnis der Abhängigkeit, und ernannte ihn im 9. Jhd. unter Mitwirkung des Volkes. So wurde in karolingischer Zeit der Zentenar ein Hilfsorgan des Grafen in administrativer, militärischer, polizeilicher und gerichtlicher Hinsicht. Aber er fungierte doch auch noch als selbständiger Richter.

Trennung der Kompetenzen von Graf und Zentenar[]

Die Maßnahmen Karls des Großen verlangten, dass der Graf nur die geringeren Rechtssachen den unteren Beamten überließ. Besonders das Kapitulare de iustitiis faciendis bestimmte: Niemand solle im Gericht des Zentenars zum Tode verurteilt, der Freiheit beraubt oder zur Herausgabe von Eigengut und Knechten gezwungen werden; vielmehr geschehe das nur bei Anwesenheit des Grafen oder Königsboten. Aber zu einer allgemeinen festen, dauernden Trennung der Kompetenzen des Grafen und des Zentenars im Sinne einer Gegenüberstellung von Hoch- und Niedergerichtsbarkeit, wie oft behauptet wurde, führte diese Maßnahme nicht (s. Graf).

Denn in der fränkischen Periode und in der deutschen Kaiserzeit erscheinen Zentenare auch als Hochrichter, Zentgerichtsbarkeit ist als Hochgerichtsbarkeit bezeugt. Es scheint demnach, dass gleich im Anschluß an Karls Verordnungen eine Trennung der Gerichtskompetenzen nach den Ständen der Gerichtsleute einsetzte, dass in manchen Gebieten des Frankenreiches den Grafen die Justiz über die höhere Bevölkerungsklasse vorbehalten waren, während den Zentenaren und den ihnen gleichgestellten unteren Richtern die Rechtsprechung, und z.T. auch die hohe, über die niedere Schicht überlassen wurde.

Überschneidung Hunnonen u. Zentenare[]

Waren schon im fränkischer Zeit die Zentenare der verschiedenen Reichsgebiete keineswegs durchaus gleichartig, so ist seit dem ausgehenden 9. Jhd. vollends ein starkes Auseinandergehen der Entwicklung wahrzunehmen. Die Auflösung der karolingischen Staatsgliederung, das Vordringen privater Herrschaften bewirkte, einmal, dass Zentenare zu herrschaftlichen Beamten, und zum anderen, dass herrschaftliche Beamte mit Zentenarbefugnissen ausgestattet wurden. Dazu kommt, dass von Anfang an, schon im fränkischer Zeit, Beamte in verschiedener Stellung unter Namen vorkommen, die auf Hunderte hinweisen (centurio u.ä.).

In den Befugnissen der Zentgrafen ebenso wie in denen mancher mittelrheinischer Hunnonen lebten die hochrichterlichen Befugnisse der einstigen Volksrichter und Hundertschaftsvorsteher fort, während andererseits Centurionen in verschiedenen Gebieten Deutschlands als lokale Herrschaftsbeamte mit Niedergerichtsbarkeit, während später Hunnen am Niederrhein als schlichte Ortsvorsteher begegnen. Die spätere Vielfältigkeit läßt sich nur zum Teil auf eine unterschiedliche Entwicklung des ursprünglich einheitlichen Amtes zurückführen. Vielmehr beruht sie von Anfang an auch auf einer verschiedenen Stellung der nur einen gleichen oder ähnlichen Namen tragenden Beamten.

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Quellen[]

Einzelnachweise[]

  1. Hoops, J.: RdgA. aaO. Bd. IV, S. 216, § 24. (Art. Staatswesen)
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